11 April 2015
...das wollte ich schon immer mal loswerden...
02 April 2015
Amoklauf - eine anerkannte Abart des Heldentums...
Was in der Vergangenheit den legendären Berserker ausmachte ist der
rauschhafte Wahn, in den er sich hineinversetzte, um ohne auf
Eigenschutz oder eigenen Lebenserhalt zu achten in eine Art Raserei
zu verfallen und um in diesem Zustand massenhaft (anonyme) Gegner
niederzumähen. Solch eine
Verhaltensweise ist auch heute noch eine anerkannte Form der
Menschenschlächterei, wenn auch nicht mehr ganz so direkt, aber
dafür um so mehr in virtuellen Umgebungen - kein Blockbuster ohne
aufwendig inszenierte Vernichtungssequenzen.
Männliche
Kampftechniken, die über patriarchale Zeiten hinweg entwickelt
wurden, um Feinde zu vernichten, erforderten einst vor allem den
persönlichen Einsatz des Kämpfenden. Welcher Feind auch immer
antritt, er ist vor allem erst einmal eine grundsätzliche Bedrohung
des maskulinen Selbsterhaltes. Eine Strategie, die sich
zum (männlichen) Muster verfestigt hat, scheint es zu sein, einem
schädlichen Angriff zuvorzukommen, nach dem bekannten Motto: Angriff
ist die beste Verteidigung.
Das kann in gefühlt aussichtsloser
Lage dazu führen, dass der Mann sich willentlich und sinnlos in den
Tod stürzt, um dabei so viele Gegner wie möglich mitzunehmen.
Dieses Ausnahmeverhalten ist immer noch eine durchaus anerkannte Form
das Treppchen zum Heldenruhm zu erklimmen. Jeder Selbstmordattentäter
oder Amokläufer sitzt dieser wahnwitzigen Fehleinschätzung auf.
Denn in der Regel sind seine abstrakt kreierten (oder von anderen
gesteuerten) Ziele ideologische Konstrukte, die sich mit einem Helden
als humanes Vorbild, kaum vereinbaren lassen.
Der oft
vorgeschobene Schutz des Lebens trifft, weder bei Kriegshandlungen
noch bei Revolutionen, auf die anwesenden Opfer zu, sondern ist eher
einem in die Zukunft verlagerten Ideal gewidmet. Das eigene Leben zu
opfern und auch einen erklecklichen Anteil des Feindes mitzureißen,
wird in entsprechendem Umfeld als selbstlose Tat gepriesen und dient
dort der Rechtfertigung diverser Gewalthandlungen. Kommt allerdings
eine aus Kränkung entstandene egomanische Verschiebung hinzu,
passiert es nicht selten, dass der Mann auf eigne Rechnung der Welt
den Krieg erklärt. Selbst diffus empfundene Kränkung führen zu
Groll, Hass, Rachegelüste und mehr denn je zu einem, besonders in
unserer Zeit stetig kultivierte, Frauenhass.
Ein vielleicht schon
lange gehegter Ablehnungsschmerz provoziert dann verschiedene Formen
von Gewalttaten unter anderem den sogenannten Amok-Lauf. Und so gibt
es imho zwei bedeutende Marker der männlichen zerstörerischen
Aggression. Zum einen den gezielt herbei geführten (befohlenen)
direkten und kollektiven Kampf der Männer untereinander, also die
kriegerische Auseinandersetzung (patriopathisch
forcierte Form des ausgearteten Wettbewerb), bei der es immer um
(Über)Leben oder Tod geht und bei dem durch die Jahrtausende die
geschädigte Frau und die angerichtete Zerstörung als
Kollateralschaden in Kauf genommen wird.
Und zum anderen
haben wir den persönlichen Kampf eines Mannes gegen die anonyme
Gesellschaft, die es in seiner Kindheit vielleicht verabsäumte
ihn angemessen zu integrieren und ihm so wiederholend die Frustration
von Ablehnung und Exklusion zumutete. Auch in so einer Gemütslage
des Täters werden weibliche Opfer der Gewalttat, ob beabsichtigt
oder zufällig, als gerechte Vergeltung der erlittenen Kränkung
gesehen. In so einer Denkblase nahm wohl der Hassimpuls „die Mutter
ist schuld“ seinen Anfang.
Wo allerdings
krankhaftes Verhalten eines Einzelnen der Auslöser diverser
Katastrophen ist, ergibt sich auch immer nur aus dem Einzelfall. Das
Fundament all dieser Probleme bleibt jedoch nach wie vor die
Grundierung der patriarchalen Gewaltkultur.
Männer wollen
andere Männer beeindrucken - auch Frauen, aber vor allem die
anderen Männer. Der heranwachsende jugendliche Mann möchte als
solcher und in seiner gesamten Persönlichkeit wahr genommen werden.
Leider sind gerade für den jungen Mann in unserer heutigen
abendländischen Leitkultur die Vorbilder, auch die heroischen,
gewaltverbrämt, brutal und empathielos.
Die direkte
(körperlich angewendete) Gewalt ist zwar aus der Praxis der
Erziehung und dem allgemeinen, alltäglichen Kontakt miteinander,
zugunsten eines wahrnehmenden und koexistierenden Umgang gewichen,
aber dafür ist sie in einem nicht unerheblichen Maße als permanente
virtuelle Parallelwelt vorhanden. In ihr darf das männliche Kind
sowie der erwachsene Mann ausleben, was als patriarchale
Konditionierung für das Männliche gesellschaftlich anerkannt ist.
Hier spielt ethisches Verhalten eine recht untergeordnete Rolle. Nicht nur weil man
dem Jungmann gern diesen Spaß gönnt, sondern weil die anonyme
Gesellschaft einen Hang zur Gewalt per se als seine Natur vorsieht.
Das systematische
Abschalten einer gefühlvollen Eigenwahrnehmung und natürlichen
Empathie, findet permanent durch das typische kulturell forciertes
Konkurrenzgebaren und eine Art, sich ständig steigerndem
Grausamkeitstraining statt. Solcher Art entwicklung können wir schon
im Programm eines jeden Kinderkanals beobachten. Das ebenfalls davor
sitzende Mädchen lernt dabei auch mit und vor allem was sie
schlimmstenfalls von der Männerwelt erwarten kann. Der Junge das,
was von ihm schlimmstenfalls erwartet wird zu tun. Diese skrupellosen
Botschaften sind jeweils altersgerecht verpackt und wirken anfangs
noch unterschwellig.
Dem zukünftige Mann
wird hier auf kindgerechte Art die Generalerlaubnis erteilt
sich nach Lust und Laune oder Bedarf als potentieller Gewalttäter zu
profilieren. In teilweise erschreckend exzessiver Weise werden in
Fernsehen, Filmen, Computerspielen und Literatur Gefühlskälte,
Rücksichtlosigkeit und Gewaltbereitschaft als akzeptiert und damit
erstrebenswert vorgeben. Sowohl als Grundhaltung des Helden als auch
bei seinen Gegnern. Wenn also der junge Co-Pilot tatsächlich sich
und 149 Menschen in der Tod gerissen hat, dann kann man diese Tat als
ein Amoklauf einordnen – ein Verbrechen, ein Massenmord -
unvorstellbar grausam, aber eben nicht unerklärlich.
Vielleicht sollten
doch auch alle kleinen Jungen mit dem Kodex sozialisiert werden: Tu
was du willst, aber schade niemand...
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