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29 Januar 2011

Goldwaage

...neulich rief mich eine Freundin an, von der ich lange nichts gehört habe. Irgend wann maßregelte sie mich im Gespräch mit der Bemerkung: „...man muss ja nicht jedes Wort auf die Goldwaage legen“.

Ja vielleicht nicht jedes, aber einige schon, denke ich. 
Ist es denn wirklich alles pillepalle, was so daher geredet wird? 
Leg doch nicht jedes Wort auf die Goldwaage, sei nicht so pingelig, so kleinkariert.“ -  ich kenne noch härtere Ausdrücke, wenn ich es wieder einmal genau nehme und mitunter sogar von den Gesprächspartnern verlange, dass bestimmte umgangssprachliche Ausdrücke nicht immer wieder einfach (oder gedankenlos) verwendet werden. 
 
So sagte sie vorher während unseres Gespräches den nett gemeinten Satz: „Du nimmst deine Rolle als Großmutter eben sehr ernst...!“

Jede, die mich ein bisschen kennt, weiß, dass ich darauf sofort anspringe... ja fast schon allergisch auf das überall benutzte Wort „Rolle“ reagiere. Aber sie hatte eh grad andere Sorgen und reagierte dann etwas pikiert, als ich ihr so zartfühlend wie möglich mitteilte, dass ich eine Großmutter bin und keine Rolle spiele (den Doppelsinn jetzt bitte mal ausblenden). Worauf der Satz mit der Goldwaage fiel. Mir blieb also gar nichts anderes übrig, ihr daraufhin klar zu machen, dass eben genau das mein grundsätzliches Anliegen ist: bestimmte angewandte Begriffe in ihrer Etablierung zu hinterfragen und auf die Fallen aufmerksam zu machen, die in diesen scheinbaren Belanglosigkeiten stecken. 

(Manchmal fühle ich mich schon wie ein Nerd und gibt es davon eine weibliche Form?)

Das Wort Rolle wird gerade in Verbindung mit familiären Bezeichnungen gern angewandt: Da füllt einer seine Rolle als Vater aus oder eine bekommt ihrer Mutterrolle nicht auf die Reihe..., wie auch immer, in der Realität sind es nun mal keine Rollen in einem Bühnenstück. 

Da das Schauspielerhandwerk, pardon die Schauspielkunst, sich in unserer Zeit großer Beachtung und Wertschätzung erfreut, liegt es nahe, dass Redewendungen aus diesem Bereich in die Umgangssprache einfließen. Genau wie unsere Gehirntätigkeit der Anschaulichkeit halber, mit Computerabläufen verglichen wird (obwohl es eigentlich umgekehrt ist). 

Wie dem auch sei, in Wirklichkeit sind wir Mutter oder Vater ein Leben lang und ich bin inzwischen eine Großmutter, das ist keine Episodenrolle in einer Serie.

Wenn jedoch gewisse EU Bestrebungen so weitergehen, dann gibt es ohnehin irgendwann im offiziellen Sprachgebrauch kaum noch eine Großmutter und ich bin auf gewissen Formularen einfach nur ein Groß(Ä)Elter...



4 Kommentare:

  1. Liebe Stephanie,
    Du hast Recht, man spielt in vielen Fällen keine "Rolle" sondern ist Grußmutter, Tante, Mutter oder Vater.
    Aber auch im Alltag sollte Ich - Ich sein und keine Rolle spielen, umm anderen Sand in die Aufgen nzu streuen.
    Liebe Wochenendgrüße sendet dir
    Irmi

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  2. Nerda wäre doch hübsch als weibliche Form. Ich kann dich gut verstehen, kenne es auch sehr gut, dass ich angemeckert werde nicht alles so genau zu nehmen. Was meistens, interessanterweise besonders von Frauen, geschieht wenn ich auf der korrekten weiblichen Form bestehe. Das sehen viele immer als kleinkariert, und nicht wichtig. Da ich aber Feministin bin, und nicht die Rolle einer spiele, bleibe ich hartnäckig. Alles Liebe Karin

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  3. manchmal ist es nur so ein zip und alles fällt an seinen platz
    menschen sind leichter verwendbar verschiebbar einsetzbar wenn sie glauben dass sie eine rolle spielen
    das sein bestimmt das bewusstsein
    dazu gehört auch sprache
    ich habe auch oft die augen gerollt
    habe vertreten dass das bewusstsein da sein muss nicht die worte
    aber andersrum wird deutlich wie hier vernebelt wird
    wie wir uns einnebeln lassen
    und nicht alles auf die goldwaage legen bedeutet auch nicht zu bemängeln dass man / frau behumst wird
    denn die goldwaage misst ganz fein
    und nicht grob übern daumen

    das mit der goldwaage habe ich viel zu oft gesagt...
    (was ich überhaupt alles so dahin gesagt habe)

    und das mit der goldwaage passt auch zu 'man muss einen kompromiss finden'
    das geht auch besser ohne goldwaage
    wenn frau den konsens will braucht sie die goldwaage und die zeit
    und zeit ist geld

    und ich gehe jetzt mit dem winnie übern berg
    sonnige sonntagsgrüße
    birgit

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  4. danke, liebe Irmi,
    und anderen etwas vorspielen ist auch wirklich unakzeptabel
    beste Grüße
    Stephanie



    Liebe Karin
    Nerda ist wirklich ein sehr guter Vorschlag, könnte mir gefallen
    bei Perry Rhodan ist es ein Sonnensystem, außerdem hört es sich ein bisschen nordisch göttermytisch an...
    ich denke auch, dass es sehr viel ausmacht bewusst mit (Frauen)sprache um zu gehen...
    liebe Grüße
    Stephanie



    liebe Birgit
    da hast du Recht, die Sache mit dem Kompromis ist auch viel zu oft ein fauler...
    jedenfalls ist Konsens besser als Kompromis
    liebe Grüße Stephanie

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