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23 Januar 2011

Tagesgeschäft


… ich bin nach zwei, drei unangenehmen Erfahrungen und Begegnungen ein wenig in Klausur gegangen, wollte etwas Abstand bekommen, kleine Seelenverletzungen ausheilen, ein bisschen die Duldsamkeit wieder zu Kräften kommen lassen.


Wenn ich Klausur oder Rückzug schreibe, dann ist davon natürlich nicht das Tagesgeschäft berührt. Dann fahre ich trotzdem meine Schwester zum Friedhof und zum Einkaufen, treffe dabei meinen Bruder, der sich gerade von seiner HerzOP vor etlichen Wochen zu erholen beginnt und berichtet, dass seine Frau, die nach einem Sturz ins dem Krankenhaus kam, nun am Montag nach Hause darf. Oder ich vertrete eine der Mamas bei den Enkelkindern, wenn die häusliche Lage schwierig wird. Wobei darunter heutzutage auch Arbeitszeiten oder krank sein fallen. Als normal
gilt nämlich allerorten der tägliche reibungsloser Ablauf, auch wenn dieser Normalfall richtig kompliziert ist. In Familien mit mehreren Kindern finden im Alltag meist ausgeklügelte Logistikleistungen auf höchstem Niveau statt. Die Lage entspannt sich für die Eltern vielleicht, wenn die Kinder größer werden, das begleitende Mutterherz ist trotzdem immer dabei.

Zu meinem Tagesgeschäft gehört auch, dass ich mir über die banalsten Dinge Gedanken mache und das persönliche, alltägliche Geschehen um mich herum in die gesellschaftlichen Zusammenhänge hochrechne. Dort bekommt nämlich plötzlich alles eine andere Wertigkeit und ist gar nicht mehr so privat. Ich will jetzt hier nicht auf alte Slogans zurückkommen, dass das Private politisch sei, denn das ist es ohnehin schon immer gewesen. Aber der Wandel der Zeit ändert auch vieles in der täglichen Routine und es ist wichtig auch die Sicht auf den praktizierten Alltag anzupassen. Wie der Normaltag der durchschnittlichen Klein- und Kleinstfamilien als Alltagskampf in all seiner Schärfe abläuft, ist sogar hochgradig politisch. Aber wie gesagt, es gilt als normal und wer nicht mithalten kann stört nur das Getriebe. Und bei diesen meinen dramatischen Worten habe ich jetzt hier, noch nicht mal das große Ganze
im Sinn, sondern nur ein etwas langsameres, verträumtes Kind im Blick, das sich einfach, in dem, Bildung verwaltenden, dauerhektischen und lauten Schulalltag, völlig fehl am Platze fühlt...

Meine Gedanken(- und Schreib)arbeit, die mir wirklich wichtig ist, lässt meine kleine Wohnung manchmal beinahe zum Elfenbeinturm werden. Aber ab und zu sind da diese besonderen Momente, die so nachdrücklich erden, wie einundeinehalbe Stunde süßes, weises Geplapper, entzückende Nachsicht mit Omas Begriffsstutzigkeit und seliges Lächeln bei den kleinen Ritualen, die wir beide so zusammen haben – die dreijährige Isolde war zu Besuch... 



Konspiratives Treffen im Korbsessel...!

4 Kommentare:

  1. Herje, Du stürtzt Dich ja ganz schön in die Arbeit liebe Stephanie.
    Wenn mich was ärgert, bin ich meist unfähig zu handeln, bis die Wut verraucht ist.
    Hab´ich heute erst wieder gemerkt, wieviel (Wut-)Potential immer noch in mir steckt.
    Da hat sich doch tatsächlich jemand aufgeregt, weil ich Staubfetzen aus dem Fenster geworfen habe, und das, wo ich diese (Scheiß-) Arbeit noch nicht mal gerne tue. Ich,als Nichtraucher, muss schließlich auch viele Male am Tag seinen Zigarettenqualm veertragen können, wwenn ich das Fenster öffne und beschwere mich nicht.
    Pffhhh....

    Weißt Du was, das sagt der Jörg auch immer, dass das Private auch Politik sei.
    Wenn ich anfange zu streiten, mach´ich Politik...oder so...
    Mag sein, kann Mann/Frau sehen wie er/sie möchte.

    Ahhh...die Tierchen sind ja wirklich niedlich...
    Hier sitzen auch so Einige rum...
    Sei ganz lieb gegrüßt
    Rosi
    Hier sitzen auch so Einige rum.

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  2. wie im kleinen so im großen
    wie oben so unten
    und umgekehrt
    ja stromlinienförmig verwertbar ausbeutbar sollen wir sein
    und werden
    und das klappt am besten wenn wir im hamsterrad rennen und nicht zum nachdenken kommen
    dafür werden die lebensbedingungen verschärft und eingeengt
    ich habe heute das privileg
    langsamer zu treten
    gegen den strich zu reden
    und manchmal hau ich auf den tisch
    und alle zucken weil ich das doch sonst nicht mache
    giggle
    aber
    ich machs noch viel zu wenig
    gute besserung für die vielen kleinen alltäglichen kränkungen und verletzungen
    allerliebste sonntagabendgrüße
    birgit

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  3. seufz, was du hier schreibst, ist mir die letzte Zeit auch noch einmal verstärkt aufgefallen. Alles muss nach Norm und effektiv sein, sonst reduziert sich der Wert. Das nervt. Meine Alternative war mich bewusst an den Rand zu stellen, was zur Folge hat, das ich manchmal das Gefühl habe auf einem anderen Planeten zu leben.
    Schön das konspirative Treffen. :-)
    Alles Liebe Karin

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  4. ...findest du echt, dass ich viel Arbeit habe, liebe Rosi?
    Wut geht ja auch manchmal mit einer gewissen Ohnmacht, wirklich etwas ändern zu können, einher...
    wäre doch eine bestimmt eine interessante Überlegung, in wie weit das Ausschütteln eines Staubtuchs politisch ist...
    ich grüße dich
    Stephanie




    liebe birgit, ja das Hamsterrad! Was wäre, wenn diese Räder still stehen würden?
    Danke für deine Grüße und Wünsche
    ich denk an dich
    Stephanie




    Liebe Karin,
    das mit dem anderen Planeten kenne ich nur zu gut... ich nenne es oft auch meinen Elfenbeinturm, den ich inzwischen nur noch ungern verlasse, um mich in die Realityshow des patriarchösen Alltags zu begeben...
    vielleicht ändere ich das ja wieder
    liebe Grüße
    Stephanie

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