12 März 2009

GroßmutterGedanken


Adele Sandrock, raubeinige Schauspielerin aus frühen Filmtagen, soll einmal gesagt haben: „Viele Kinder sind deshalb verzogen, weil man Großmütter nicht übers Knie legen kann.“


Sie brachte also in einem verheerendem Satz zum Ausdruck, dass Kinder nicht von Großmüttern „erzogen“ werden sollten. Wohl, da sie in der damaligen vorherrschenden öffentlichen Meinung zu nachgiebig oder zu sentimental an die hehre Aufgabe des Kinderdrills herangehen. Dafür verdienten sie, die Großmütter, eigentlich übers Knie gelegt zu werden, anstatt der Kinder!

Natürlich hätte die unbotmäßige Brut, auf Grund ihres Fehlverhaltens oder mangelnden Gehorsams gelegentlich körperliche Sanktionen durchaus „verdient“. Und damit die Großmütter wissen, wo ihre Befugnisse (nicht) liegen und sie die elterliche Macht nicht unterlaufen, werden diese auch gleich mit in die Schranken gewiesen.

In dieser Vorstellungswelt lebten, die mich umgebenden Generationen als ich Mutter wurde. Zum großen Teil geistern diese Art Vorbehalte noch heute durch die elterlichen „Erziehungsmaßnahmen“, insbesondere was den Ausschluss jeder weiteren Zuwendungsperson im Einzugsbereich der Kinder betrifft.

Mit einem Satz: „Vertrau nicht den Großmüttern, denn sie wissen nicht was sie tun!“

Und leider sind auch viele Großmütter der gleichen Meinung und pochen auf ihr Recht als verwöhnende Ausnahmekontaktperson.

Die legitimierte Kindererziehung liegt also selbstverständlich möglichst ausschließlich in den Händen der Eltern oder dem, von ihnen ausgewählten (und für die Kinder in der Regel fremden) Erziehungspersonal.

Im öffentlichen Bewusstsein ist aus einem „mit Kindern leben“, ein „Kinder haben“ geworden. Schlimmer noch, Kinder hat man eine Weile und dann hat man sie eben nicht mehr. Sie wachsen heran und „haben dann ein eigenes Leben“, so als hätten sie zuvor kein solches gehabt. Als wären sie ein Teil des Lebens der Eltern gewesen, fremdbestimmt auf den Moment wartend sich der erdrückenden Vereinnahmung zu entledigen. Später haben sie dann eigene Kinder, mit denen sie Vater – Mutter – Kind spielen dürfen. Das Wort Mutter- oder VaterRolle ist in unserem Sprachgebrauch denn auch sehr beliebt.

Und es scheinen Spiele auf Zeit zu sein! Erst leben und dann Kinder haben oder umgekehrt.
Als Großmutter bin ich da auch nur bedingt eingebunden. Die nette Oma – Rolle sagt selten etwas darüber aus, dass Kindeskinder kaum wissen, dass die Großmutter nicht nur zur „Familie“ gehört, sondern die Enkel eigentlich ihre Familie sind und bleiben.

Stephanie


Anhang:

Das Aufmerksamkeitsdefizit, eine (med.) Bezeichnung für das Verhalten von Kindern, die nicht aufmerksam auf ihre Umwelt reagieren, sagt übrigens nichts darüber aus, wieviel und in welcher Qualität das betreffende Kind Aufmerksamkeit von seinem Umfeld erhält.


2 Kommentare:

dmc hat gesagt…

Großeltern legen die Wurzel ihrer Mitgestaltungsgrenzen für das Leben mit ihren Enkeln und deren Eltern bereits bei in der Gestaltung des Zusammenlebens mit ihren eigenen Kinder. Haben sich die Großeltern in ihrer Rolle als Eltern bewährt, so können die Eltern der Enkel es in Betracht ziehen, dem Einfluss der Großeltern zuzulassen oder im anderen Fall zu verwehren.
Man sollte grundsätzlich bedenken, dass die Sorgfaltspflicht in der ersten Instanz den Eltern obliegt und somit sie das Recht und die Pflicht haben, Einflüsse jeglicher Art zu filtern und dem Entwicklungsstand ihrer Kinder anzupassen. Das gilt auch für den Einfluss der Großeltern.

Die Großeltern haben kein zwingendes Recht auf ihre Enkel, auch wenn es in den Köpfen so mancher starrsinniger Großeltern verankert zu sein scheint. Die Lebensphilosophien (Erziehungsansätze) der Großeltern sind zu meist aus einen vollkommen anderen historischen Kontext entsprungen und können lediglich als Erfahrungsschatz / Grundstock angesehen werden. Ausgeschlossen ist aber, dass die gestrigen Methoden der Großeltern eins zu eins umgesetzt werden können. Dazu ist der kulturelle Umbruch und dessen Einfluss in den letzten hundert Jahren zu stark.

Meine Vorstellung einer optimalen und anstebungswürdigen Eltern-Großeltern-Beziehung sehe in meinem Augen, wie folgt aus:

Die Großeltern sollten (auch wenn es schwerfällt ;-) sich dringend, um die aktuellen Situation in der Familie, der Gesellschaft und der Kultur informieren. Dazu gehört ein allgemeiner und ein sehr direkter Lernprozess. Der wirklich schwere Teil ist der direkte Lernprozess, in dem die Großeltern, wahres Interesse an ihren Kindern und deren Lebensituation zeigen. Sie sollten im optimalen Fall die Lebenssituation im Zusammenhang mit dem Charakter ihrer Kinder in Beziehungs setzen und einen wirklich wahrhaftiges Verständnis aufbauen. Erst dann können die Großeltern den Eltern signalisieren: wir können deine Position und deine Lebensstrategie nachvollziehen - wir akzeptieren diese 100%ig und stehen dahinter - wenn nötig stehen wir im Rahmen unsere Möglichkeiten zur Verfügung.
Erst nach dieser wirklich aufwendigen Vorarbeit (welche nicht erst mit der Geburt mit des Enkels geleistet werden sollte) können die Großeltern konsturktiv ihre Meinungen, Erfahrungen und Einflüsse in die Beziehung zwischen Eltern und Enkel einfliessen lassen.

Krasser Gegensatz:
Die Holzhammermethode: "ich-bin-großeltern!ich-bin-älter!ich bin-weiser!ich-hab-immer-recht!" ist wohl der "unweiseste" Ansatz den Großeltern gehen können.

Zwischen meiner Skizze der optimalen und der Holzhammer-Methode liegen viele Grauwerte und Schattierungen, in denen sich meiner Meinung nach, viele Eltern mit ihren Großeltern arragiert haben und das muss auch nicht unbedingt die schlechteste Lösung sein.

Auch wenn genetisch ein Zusammenhang zwischen Großeltern und Enkeln besteht, so ist die soziale Beziehung zwischen Eltern und Kinden immer die vorrangige. Diese sollte auch nicht von den Großeltern vergessen werden, wenn sie den süßen Enkeln mehr Aufmerksamkeit zuwenden möchten, als ihren eigenen erwachsenen Kindern! Das könnte auch der Grund vieler Großeltern-Eltern-Beziehungen sein.

dmc

Stephanie hat gesagt…

Zitat: „Diese sollte auch nicht von den Großeltern vergessen werden, wenn sie den süßen Enkeln mehr Aufmerksamkeit zuwenden möchten, als ihren eigenen erwachsenen Kindern!“

Das hört sich so verdammt eifersüchtig an!

Interessant wäre jetzt, wenn ich aus dem Text schließen könnte, wie alt du bist, ob Mann oder Frau und ob du selbst mit eigenen Kindern lebst? Irgendwie kann ich das aber nicht!

Dass die biologische Verwandtschaft möglichst keine verantwortliche Konsequenz mehr in unserer Kultur bedingt, das fällt kaum noch jemanden auf. Es sein ein Vater kämpft um die Vorrechte bei seiner vorrangigen sozialen Beziehung, die ihm als Elter seines Kindes zusteht. Vorausgesetzt, es stellt sich nicht doch noch heraus, dass gar kein genetischer Zusammenhang besteht.

Das generationsübergreifende Zusammenleben der (bluts-)verwandten Familienmitglieder findet quasi nicht mehr statt. Stattdessen wird der bunte Flickenteppich der episodischen Lebensgemeinschaften als Patchwork – Familie gebilligt bzw. als Ausweg aus dem Dilemma des allgemeinen sogenannten Familienverfalls angesehen. Das heißt, man sorgt sich schon um die süße Vater - Mutter – Kind – Kleinfamilie.

Ich bin der Meinung, eine grundsätzliche natürliche Reaktion auf den Großeltern – Eltern – Kinder - Status wäre: Gemeinsam zum Wohle aller!

Denn es geht nicht darum, wer wem was zu sagen hat, sondern um eine gemeinsame Fürsorge, besonders im Hinblick auf die Kinder. Unsere aktuellen gesellschaftlichen, wirtschaftlichen und kulturellen Parameter stehen einem solchen Konzept jedoch massiv entgegen.

Das was heute in unserer Gesellschaft gelebt wird, ist so gar keine „artgerechte Menschenhaltung“ ;-)

Stephanie