07 Dezember 2019

"Kein Bock auf Steinzeit…"

Wenn Frauen äußern: "Kein Bock auf Steinzeit…", dann verzweifle ich nicht nur an unserem Schulsystem, sondern auch an dem weiblichen Verständnis von Natur. Es ist leider nicht das erste Mal, dass ich wie hier einer Meinung zu der zutiefst missverstandenen Steinzeit begegne. Gern wird die Steinzeit als Metapher für Rückwärtsgewandtheit und ewig gestriges Denken verstanden. Schon seit längerem begegne ich immer wieder dem Grusel der modernen Frau vor der Steinzeit bzw. deren salopp geäußerten Ansichten, dass uns das Beschwören der Steinzeit nicht retten wird. Dabei dürfte uns doch wohl klar sein, dass es eigentlich nicht um die kargen, äußeren Attribute einer Alltagsgestaltung in einem Steinzeitcamp geht. Wovon wir aber profitieren könnten wenn wir uns das Grundkonzept der Lebensgemeinschaften innerhalb des urmenschlichen Kontinuums näher ansehen.
Warum also wird oft so getan, als wäre "die Steinzeit", das viele Jahrtausendelange Paläolithikum und Mesolithikum, ein schlimmerer Ort für die Frau und Mutter gewesen als beispielsweise unsere Gegenwart? Das Gegenteil ist der Fall - wir wissen es schon lange. Denn da lebte die Mensch und ihre Sippe in matrifokalen Gruppen und das wiederum ist bekanntlich unser menschenartgerechtes Dasein, unsere angeborene Sozialstruktur in dem vorhandenen Naturgeschehen.
Das wirkliche Desaster begann als die Steinzeit durch die nächste Epoche abgelöst wurde und sich die Idee, den 'Vater' als Maß aller Dinge einzuführen, vom patriarchös infizierten Mann gewaltsam durchgesetzt wurde. Damit entstanden hierarchische Strukturen, mit denen Herrschaftsmacht etabliert wurde und hier, in der gewaltsam durchgesetzten Patriarchose entschied sich der unterworfene Status der Frau und Mutter ... bis heute!
Im auslaufenden Neolithikum und der waffenstrotzenden Bronzezeit sind wir bereits mitten drin und die Frau* bereits ihre körperliche Freiheit verlor, büsste (durch die Antike hindurch) grundsätzlich ihre Selbstbestimmung ein. 
Es sind die Zeitphasen ab denen die androzentrierte Herrschaft erstarkte, zur Unterstützung derer Lehren in Form von religiösen Ideologien verbreitet wurden und die allgemeine Verherrlichung des Maskulinen einsetzte.
Während mann die Frau (als Tochter und potentielle Mutter) versklavte, verheiratete und als Arbeitskraft für die Männerwelt hielt. Als Mutter wird ebenfalls bis heute ihre Gebär- und Fürsorgekraft ausgebeutet und reglementiert. Diese Geiselnahme des Weiblichen führte zu dem, heutzutage besonders wirksamen kollektiven Stockholmsyndrom, das neben der konditionierten prinzipiellen Unterwerfung auch verschiedene Spielarten der Prostitution beinhaltet, zu denen ich auch die klassische Ehe zähle.
Die patriarchalen Strukturen, die alle von uns so gut verinnerlicht werden und die bis heute unsere Kultur fest im Würgegriff halten, sind jedenfalls kein Bestandteil der Evolutionsphase, die so gern verächtlich als primitive Steinzeit abgewertet wird. Wir sollten mal überlegen was denn genau an dieser primären Entwickelungsphase abzulehnen ist? Der mangelnde technologische Fortschritt?
Das alchemistische Wunder der hemmungslosen Zerstörung der Natur auf Betreiben einer gierigen Machtclique?
Oder die fehlende inhumane Einteilung, die uns offenbar schon gar nicht mehr auffällt, in der wenige Eliten der Masse von Milliarden Menschen ganz offen und dabei langsam aber sicher die Lebensgrundlage entziehen?
Zurück in die Steinzeit was bedeutet es wirklich?
Zum Beispiel keine gesellschaftlichen Machtstrukturen.
Ein Leben im Matrifokal, dass frau sich allerspätestens dann als gut vorstellen kann, wenn sie sich als Großmutter einen offen Blick auf die momentane Situation der Töchter und Töchterstöchter dieser Welt bewahrt hat.

Und wenn jetzt wieder einige Angst haben hier werden Männer diskriminiert, dann möchte ich nur sagen, ich nehme es dem Patriarchat so was von übel, dass es nicht nur unsere Söhne zu potentiellen Gewalttätern formt, sondern auch billigend in Kauf nimmt, dass so viele nichts dabei finden, die konditionierte Akzeptanz der Gewalt auch auszuleben und sei es nur virtuell als Hater im Netz.
Auf der einen Seite das technologisch optimierte und damit zerstörerische Hochpatriarchat und auf der anderen Seite die naturbelassene Steinzeit.
Wäre gar nicht so schlecht, wenn wir tatsächlich wählen könnten!
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