30 Juli 2011

Erst die Arbeit, dann das Vergnügen

… wer kennt ihn nicht, den Spruch aus dem Fundus deutscher Tugenden. Und vor lauter Arbeit kam in unseren jüngeren Jahren das Vergnügen dann doch manchmal zu kurz. Aber das ging vielen so, glaube ich. Meine Mutter kannte so etwas kaum, was wir heute Vergnügen nennen... wenig freie Zeit, wenige Möglichkeiten, zuviel Alltag und dann zuviel Krieg, Verluste und Überlebensarbeit, da blieb nicht viel Gelegenheit für die Lustbarkeit.

Heute, so heißt es, herrscht in unserer Spaßgesellschaft das dauernde Vergnügen vor. Denken wir doch einmal darüber nach was uns, außer ein paar persönlicher Ambitionen, Spaß und Vergnügen bereitet, was das Belohnungszentrum im Gehirn anspringen lässt? Unter Leute gehen, feiern, lachen, singen, essen, tanzen und noch einige andere menschliche vergnügliche Angelegenheiten...? Da kommt man doch schnell auf die Mutter aller Feste, das gemeinsame Zusammensitzen am Feuer, eine sehr lange und prägende Urerfahrung des Menschen. Die Sehnsucht nach dieser Art der Ursprünglichkeit ist keine Glorifizierung der guten alten Zeit, sondern das tiefe Wissen um die eigentlichen, die energetischen Verknüpfungen des menschlichen Zusammenlebens.


Nun hat ja jedeR ein anderes Spaßbedürfnis. 

Sport zu treiben ist als Freizeitvergnügen ebenfalls recht beliebt. Auch Frauen stehen auf Fußball, Tennis oder eine andere Sportart. Doch nicht immer werden diese selbst praktiziert. Wir sehen auch beim Sport, beim Wettkampf gern zu und heute nicht mal direkt am Spielfeldrand, sondern vor dem Bildschirm. Jedenfalls ist auch das so ein urzeitlicher Effekt... einem Wettkampf oder Wettstreit zusehen, ausgetragen zwischen Männern (möglichst jung und attraktiv). Die Begeisterung für Sportveranstaltungen, mal abgesehen von den Gewinnen die dabei heute eingefahren werden, ist wohl auch zurückzuführen auf das in der Natur der Sache liegende Kräftemessen junger Leute. Der Gedanke an die Amazonenzeit der Frau liegt dabei ebenso nahe.
 

Das Agieren all der (Kino)Actionhelden, das Messen der Geschicklichkeit und Kraft, das abstruse Gefecht zwischen dem sogenannten Gutem und Bösen, das bis hin zum Massen- oder Völkermord ausartet (sehr beliebt in Fantasiegeschichten), all das Schlachten und Vernichten der Gegner der literarischen und filmischen Protagonisten und der Figuren in Computerspielen stammen aus der Quelle des männlichen Wettbewerbsbedürfnisses. Und Frau sieht zu? Oder wer ist das zahlende Publikum?

Ich finde sowohl die fiktive, als auch die reale Art und Weise dieser Wettbewerbe schon lange nicht mehr unterhaltsam. Ich will mit dem Konsum dieser Leistung und der Darstellung der Wettkämpfe nicht ständig was zu tun haben. Sportarten haben längst schon ihre Unschuld verloren und werden von Profis ausgetragen. Die Energie der Begeisterung ihrer Fans wird umgewandelt in die Energie des Geld und wir wissen wie gut es sich damit verdienen lässt (das gilt auch für Castingsshows und ähnliche Fernsehformate).


Jedenfalls kann ich mich an dererlei einfach nicht erfreuen. Solcher Art Vergnügen ist für mich wenig vergnüglich ... da arbeite ich lieber...

5 Kommentare:

Grey Owl Calluna hat gesagt…

Hör mir bloß auf mit diesem Spruch.....wie oft hab' ich den wohl gehört....grrrr....
Tugenden......wer legt diese "Tugenden" fest.....
Deshalb hat man mich wohl immer so angepisst,.....weil ich mich eher nach den Vernügen sehnte....und es der Arbeit vorzog.....grins....

Wir wissen doch alle, worans liegt, das so wenig Lustvolles im Leben unserer Mütter war...und vieleer Frauen noch ist. Es liegt an der Gesellschaft.....in der wir uns so rumquälen....alle,....ähhh,...fast alle,....bis auf die Reichen natürlich.

Ich würde mal nicht sagen, dass heutedas Vergnügen herrscht. Eher, dass uns gesagt wird, was Vergnügen zu sein hat.....um,....zu konsumieren...

Mein Tennis-guck-Vergnügen kennst du ja. Es ist nicht "nur" der Tennis....grins...
Du hast ja Recht.....auch im Tennis gehts heute nur um's Gewinnen, Geld, Ranglistenpunkte......Aber es ist fair,....keiner stirbt, ein Kräftemessen junger Männer, wie es das vielleicht auch in einem Matriarchat geben würde. Denn auch da gabs Vergnügen.....und Spiele...nur, mit anderer Wertigkeit und HIntergrund.

Ich glaube,....Du vergnügst Dich zu wenig.....lach......laß uns doch einfach nach unseren Möglichkeiten, die uns noch bleiben, genießen.
....was natürlich jetzt nicht mehr so direkt zu diesem Post gehört.....sondern schon eher etwas persönlich wird.....nicht böse sein...bitte....

Auch Großmütter brauchen ein wenig Freude.....
Sei ganz lieb gegrüßt
Rosi

Stephanie hat gesagt…

..wer sagt dass ich zu wenig Vergnügen habe, nur diese Art des Vergnügens sagt mir so gar nicht mehr zu! Außerdem, die Action- und Gewaltspirale dreht sich und dreht sich und dre...
holldriö, lass es dir mit deinem Erdhörnchen wochenendmäßig gut gehen
Stephanie

birgit hat gesagt…

wie in allem wird auch hier das ganzheitliche auseinandergerissen
wenn leute sagen ich entspann mich beim kochen beim backen beim stricken
heisst das doch dass arbeit und freizeit das gleiche sein kann
arbeit und vergnügen
die sinnentleerte arbeit natürlich nicht
ich habe vergnügen spass freude wenn ich eine arbeit fertig gestellt habe
und finde keinen spass an einem urlaub am ballermann
ums feuer sitzen und feiern find ich auch ganz toll
und der spruch kommt aus der schwarzen pädagogik wo es nur darum ging schwächere zu knachten und zu massregeln auf dass sie ja kein vergnügen an diesem leben finden und vor allem nicht erwarten

birgit hat gesagt…

knechten
ich hätte doch nochmal durchlesen sollen *giggle*

Stephanie hat gesagt…

Hallo Birgit,
ja Sprüche gab es zu meiner Zeit in der deutschen Erziehung reichlich... ich nahm mir damals vor das bei meinen Kindern tunlichst zu vermeiden, aber sie verfolgen mich immer noch, also nicht die Kinder, sondern die Sprüche...
vergnügliche Arbeit kenne ich auch, im Berufsleben kam sie sie eher seltener vor - da machten andere die Vorgaben, was soll daran vergnüglich sein...
Aber halt in meinem Post ging es ja um das sogenannte Vergnügen und nicht um die Arbeit... mmm...
interessante Wendung
ganz liebe Grüße
Stephanie.