17 Februar 2012

Metapher

Da das Blogschreiben bei mir gerade brachliegt, greife ich mal zu einem alten Entwurf, den ich beim Aufräumen gefunden habe. Er stammt aus einer Zeit, als ich beim morgendlichen fünfzig Worte schreiben, feststellte: Metaphern passen nicht immer oder sind manchmal schlicht weg falsch... 

Kennt jemand noch den kratzigen Song aus den Anfängen der Achtziger: Die weißen Tauben sind müde? Und weiter ging es mit: ... sie fliegen lange schon nicht mehr, sie haben viel zu schwere Flügel und ihre Schnäbel sind fast leer - Jedoch die Falken fliegen weiter, sie sind so stark wie nie vorher und ihre Flügel werden breiter und täglich kommen immer mehr... 

Dieser schlichte und kulturkritisch - poetische Text, versehen mit einer noch schlichteren, eingängigen Melodie, traf damals den Nerv der Zeit und auch heute scheint er irgendwie immer noch passend. 

Es ist dieser Ausdruck einer gewisse Endzeitstimmung, die immer mal aufflammt, eine Metapher zum Niedergang einer friedvollen Weltgesellschaft, welche jedoch, wenn wir es genau nehmen, zu keiner der patriarchösen Zeiten je wirklich existiert hat. Der Text ist so was, wie die Beschreibung des aussichtslos scheinenden Kampfes gegen das Geflecht der kapitalistisch - militaristischen Kräfte: Die übermächtig daher kommenden Falken nehmen den harmlosen, friedlichen Tauben den Lebensraum und die weiße Friedenstaube ist zum Sterben verurteilt. 

Ein bestechendes Sinnbild bestimmter politischer Verhältnisse. Aber... ein falsches Bild!

Als dieses Lied einst veröffentlicht wurde, waren es eher die Falken und die anderen Greifvögel, die in Gefahr waren vernichtet zu werden. Vom Aussterben bedroht durch hemmungslose menschliche Ausbreitung und durch die typische gezielte Vernichtung bestimmter Arten. 

Das Anlegen der großräumigen, landwirtschaftlichen Nutzflächen zerstörte all die natürlichen, wilden Bedingungen, die eine Greifvogelpopulation braucht um ihre Jungen aufzuziehen und die Art zu erhalten. Menschliche Kultur zersiedelt natürliche Lebensräume und fördert oder erhält nur die Tierarten, die erst einmal in keine Konkurrenz zum Menschen treten. Und so haben es eher Luchs und Wolf und Bär schwer einen artgerechten Lebensraum zu finden. Wildtiere, ob klein oder groß, Raubtiere, Greifvögel werden seit einiger Zeit erst wieder geduldet und auch unter Schutz gestellt, um als Arten in unseren Breiten erhalten zu bleiben. 

Ja... und so sind es die Tauben, die sich bis jetzt besser behauptet haben. Sie ernähren sich üppigst von den Abfällen der menschlichen Gesellschaft. Sie werden gefüttert und nisten fast überall unbehelligt in menschlichen Siedlungen, so dass sie sich explosionsartig vermehren können in der von Menschen geschaffenen Zivilisation. Vielleicht hätte dieser Text besser so lauten sollen:

Die wilden Falken sind müde,
sie fliegen lange schon nicht mehr
sie haben viel zu wenig Freiheit
und ihre Schnäbel sind längst leer.
Jedoch die Tauben kreisen weiter,
sie sind jetzt stark wie nie vorher
und ihr Welt wird immer breiter
und täglich kommen immer mehr!
Nur wilde Falken fliegen nicht mehr...

Und die Grundaussage wäre mit diesem Refrain, so finde ich, weitaus zutreffender.



Keine Kommentare: