24 August 2012

Kinderspiel

Mädchen spielen mit Puppen, Buben mit Pferden und Autos - so weit so gut ... eines Tages (es ist etwa fünfzig Jahre her) wurde dieses als schädlich anmutende Geschlechterfestlegung erkannt und sollte sogleich im Interesse der Gleichberechtigung aufgehoben werden. 

Insbesondere die Frau sollte nicht mehr vom Mutterleib an auf ihre zukünftige Rolle als Mutti festgelegt werden, sondern die gleichen Chancen erhalten, wie sie dem männlichen Geschlecht schon lange zustand. Es galt bei den Mädchen die einseitige Ausrichtung auf die Babypuppe zu vermeiden und ihnen einen selbstverständlicher Zugang zu jeder Art von Technik und männlicher Freizeitgestaltung zugänglich zu machen. Im Gegenzug hoffte man dem kleinen Jungen soziale Kompetenz durch Puppenspiel nahe zubringen - denn: Neue Männer braucht das Land.

Dem Zug der Zeit folgend wollten auch wir damals als moderne Eltern, unsere Kinder nicht in peinliche Rollenklischees treiben und boten ihnen ausgewogen jede Art von Spielzeug an. Im Regal unserer Töchter setzen die Alibiautos Staub an. Erst als ein Brüderchen dazu kam wurden die mobilen Spielzeuge von ihrer Immobilität befreit. Nicht dass die Mädchen nicht auch mal mit dem neuen Postauto spielen wollten oder gern Roller und Fahrrad fuhren, jedoch ihre Art zu kommunizierend und zugewandt zu spielen war in der Vorschulzeit und auch später eine grundsätzlich andere, als die der Buben.

Während ein wildgewordenes Müllauto mit viel brumm und krawumm die friedlichen Playmobil-Männchen umnietete, entstanden unter den kundigen Patschhändchen der jüngeren Schwester niedliche, dem Bruder langweilig anmutenden, Puppenstubenaufbauten. Und diese mischte er gern auf. Obwohl das Jungchen eher einer von der sanften Sorte war und inzwischen ein solider Mann und liebevoller Vater ist, hat er und seine Schwestern uns damals eines besseren belehrt, was das natürliches Agieren der Geschlechter von Geburt an betraf.

Die Puppe symbolisiert die Bezogenheit zur eigenen Art. Wir können auch sagen alles was uns ähnlich sieht, ist für das Mädchen oft sehr viel interessanter, als für den durchschnittlichen Knaben. Phasenweise spielen auch Jungs mit Puppen oder haben ihre Kuscheltiere als Begleiter, aber beim nächsten entwicklungsbedingten Testosteronschub (oder was es da so an naturgemäßen körperlichen Abläufen gibt) kann sich manches ganz schnell ändern.

Aber was hat es eigentlich mit all den Autos, Baggern und sonstigem Gefährt auf sich, auf die kleine Jungs so abfahren? Das Auto ist quasi die Weiterentwicklung der, über die eigene Natur hinaus gehende, Mobilität, die eines Tages als erstrebenswert entdeckt wurde um mit anderen, schnelleren Wesen mitzuhalten. Als Läufer (und Jäger) gehört der Mensch ja eher zu den langsamen Arten. Jedoch hat er inzwischen alle anderen Arten, aber auch restlos alle, mit seiner Technik überrundet. Und die Mühe, den Nachteil an natürlicher Geschwindigkeit auszugleichen, hat sich eben nicht der weibliche Teil der Spezies Mensch, die Frau, gemacht, sondern eindeutig der Mann. Er hat den schnellen Pferden eine Weile hinterher gesehen und sich dann deren Potenz zu nutze gemacht. Er nahm ihnen die Freiheit und spannte sie im wahrsten Sinn des Wortes für seine Zwecke ein. Angeblich hatte das Ziehen der Streitwagen noch vor den Reitpferde die größere Bedeutung.

Die Symbole der Mobilität, mit denen besonders die kleine Jungs noch immer so gern und fasziniert spielen, waren früher Pferd und Wagen und heute halt das Auto und andere schnelle Fortbewegungsmittel. Die Mädchen spiel(t)en dereinst bestimmt auch mit Tieren, ich frage mich jedoch, ob sie auch Jagdszenen nachstellten?

Das Puppenspiel der Mädchen ist in deren Entwicklungsphasen auch mal mehr und mal weniger angesagt. Aber es hatte, auch für Erwachsene, schon immer einen magischen Moment - so war es in der (paläotithischen) Vergangenheit und so ist eigentlich noch heute. Mit einer Puppe zu spielen, bedeutet für ein Mädchen auch mit Ihresgleichen zu spielen, die essentielle Gemeinschaft nachzuahmen. Die weiblichen Figurinen (und somit das "Püppchen") finden wir über viele Jahrtausende hinweg. Sie sind als Idole Vertreterin der mütterlichen und töchterlichen Weiblichkeit und Symbol für die Bindungsgemeinschaft. Wir finden das Püppchen in so manchem Märchen wieder, als Zauberding und als mystische Stellvertreterin - es ist ein Abbild und steht für die Kräfte und Fähigkeiten des symbolischen Menschen und der Frau im besonderen.

Elefantenstein aus Nellys Sammlung Stone Art
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2 Kommentare:

birgit hat gesagt…

ich bin auch weiterhin anhängerin des gedankens dass ein jedes tun kann was es will
unser sohn wurde nicht von eigenen testosteronschüben von seinen puppen getrennt sondern von einer umwelt die testosterongesteuert mit ihm verfuhr incl seiner lehrerin
und ich weiss auch nicht ob jungs von sich aus jagdszenen nachstellen
und ihre begeisterung an autos und baggern wird von der umwelt geweckt
die krabbler sind noch fasziniert von allem was ihnen unter die augen und die finger und in den mund kommt
wichtig ist mir die akzeptanz ob eine astronautin oder siebenfache mutter werden will ob einer vater oder rennfahrer werden will
gegenseitige wertschätzung und anerkennung welchen beitrag sie für die gemeinschaft bringen
jedes mädchen / jeder junge / mann / frau

Stephanie hat gesagt…

liebe birgit
...du weißt aber schon, dass in unserer Kultur die Kinder kaum noch tun können, was sie wollen? Und das ist für mich die Motivation hinzusehen, warum das so ist? Natürlich wissen wir aus eigener Erfahrung, dass jede Form von Einschränkung und Ausrichtung von all den erwachsenen Erziehern, den persönlichen und den kollektiven, kommt. Sie wollen unser Bestes und versuchen uns (also jedes Kind) so gut es geht in das vorhandene Gesellschaftssystem zu integrieren - ein Selbstläufer der Generationen.

wie es weiter geht erfährst du über Email ;-)