29 Dezember 2020

Der MannundFrau-Mythos

Mütter, Kinder, Väter und der MannundFrau-Mythos

Diese gern beschworene Arbeitsteilung zwischen Mann und Frau, die auch die Care-Arbeit beinhaltet, ist ein rein hypothetisches Gebilde. Wir kommen ohne die liebenswerte Vorstellung kaum noch aus, dass es selbstverständlich sein müsste, dass Männer sich genau wie Frauen für das tägliche Allerlei und die Arbeit, die Kinder so machen, zuständig und verantwortlich fühlen. Mann und Frau als vom Schicksal konzipiertes Dreamteam - es könnte doch so einfach sein!
Aber es gibt nun mal keinen biologischen Imperativ der ein organisch gewachsenes Gebilde MannundFrau hervorbringt. Auch nicht in der umgekehrten Intention FrauundMann. Es gibt keine biologisch determinierte, gleichschwingende Paareinheit 'Frau und Mann' als natürlich entstandenes Alltagsmodul.
Diese unausrottbare Wunschvorstellung
(des patriarchalen Kulturmenschen) gibt es bei keiner Säugetierart und auch die Vogelarten, die paarweise Brutpflege betreiben, sind zufällige Begegnungen in der Natur, bei denen sich die Individuen dem Biomechanismus Arterhalt gemäß verhalten.
Es wird gern davon ausgegangen bzw. erwartet, dass entgegen allem menschenartgerechten Verhalten, die ominöse Paareinheit MannundFrau, die sich in der Moderne als Kleinfamilie figuriert (formiert und firmiert), sich ähnlich einem Schwarm verhält (permanent auf einander bezogen) oder ähnlich einer Herde auf der Basis einer kollektiven Intelligenz durch den Alltag stapft. Säugetiere sind hochentwickelte Individuen und damit als Einzelwesen weitgehend autonom. Wobei jede Spezies ein eigenes Sozialmodul entwickelte.
Die in besonderer Weise intelligente Mensch, findet in der Dynamik ihrer matrifokalen Fürsorgegruppe den ÜL-Effekt der Geborgenheit und damit ausreichend Schutz, Support und Spaß, um ein zufriedenes Leben zu führen.
Die paarweise Zweierkombination aus einem nichtverwandten Mann und einer mit ihm nichtverwandten Frau als Dauerlebenspaar, ist eine kulturell begünstigte Fehlentwicklung, auf Grund der u.a. durch Oxytocinmangel erzeugten Gewaltspirale im System der Patriarchalität.
Die heute wie ein Naturgesetz gehandelte MannundFrau-Idee, die quasi als sexualisierte Dauerschleife des Zusammenlebens unseren Alltag bestimmt, ist jedoch auf keinen Fall als eine Art evo-biologischer Imperativ selektiert, sondern ein anti-soziales Phänomen, dass die vergleichsweise jüngste Menschenkultur auf den letzten Metern der Geschichte (in besagter Patriarchalität) hervorgebrachte.
Wenn wir als (junge) Frau uns verlieben und uns das starke Verlangen antreibt, uns mit einem attraktiven Mann unserer Wahl zu paaren und unbedingt (sofort) zu kopulieren, sind wir in dem hormonellen Drive des in allem Lebendigen angelegten Drang zum Arterhalt, der naturgemäßen Parallele zum glücklich machende Selbsterhalt plus Female Choice.
Dieses bio-angelegte Verlangen des Körpers die Art zu erhalten, ist inzwischen mit vielen irreführenden Vokabeln belegt. Derzeit gipfelt die Bezeichnung dieses Verlangen in der Vorstellung einer dauerhaften romantischen Liebe, die völlig widersinnig mit dem Gebot einer am liebsten unauflöslichen Hetero-Paar-Konstellation gekoppelt ist. Diese wird, auch in unserer modernen, aufgeklärten Gesellschaft, nach wie vor, von verschiedenen sozialen Konventionen sowie moralischen und von den,die weibliche Sexualität kontrollierenden Dogmen begleitet.
Beide, Frau und Mann, sind zuerst einmal biologische Individuen, die immer aus dem matrifokalen Nest einer (ihrer) Mutter stammen. Der unbewusste Denkfehler ist meist, dass die Biografie einer Person, die mit der Geburt durch eine Mutter beginnt, nicht mitgedacht wird. Wenn von Mann und Frau die Rede ist, besteht das System Kulturmensch scheinbar nur aus lauter vom Himmel gefallene autarke Erwachsene. Das lässt uns die lang gehegte Vorstellung von einer nicht wegzudenkenden Alltagserscheinungseinheit, die ich MannundFrau nenne, immer wieder neu auflegen. Hier wird Mann zwanghaft mit Frau zusammengedacht und umgekehrt.
Was weitgehend wegfällt ist das automatische Mitdenken von Kindern, Geschwistern bzw. mütterlicherseits zugeordneten Angehörigen.
Es gibt sie aber nicht, die Frau X und den Mann Y, als jeweils eine Art exklusiven Prototyp. Abstrakte weibliche und männliche Kultureinheiten, die eine Gesellschaft ausmachen und in ihrem Erwachsenenleben unbedingt eine Zweiheit anstreben, die als Einheit wahrgenommen werden muss. Tatsache ist jedoch, das Individuum, also jede Person, besitzt eine persönliche Geschichte und versucht auf ihre individuelle Art im Patriarchat zu überleben und folgt daher dem Paradigma der Gesellschaft bzw. der jeweiligen Kultur.
Frau X und Mann Y sind daher im Bezug zu ihrer kulturellen Deadline - die für den Erwachsenen von unserer anonymen Gesellschaft geforderten Partnersuche - austauschbar. War über Jahrhunderte hinweg der, in der Patriarchose immer zuerst gedachte und in der Regel auch zuerst genannte, Mann als Privilegling der Verhältnisse derjenige, der per se dazu vorgesehen ist sich nach Belieben eine Frau zu halten, ist heute auch die Frau berechtigt, in bescheidenem Maße, einen sogenannten Partner zu wählen, der eine dauerhafte Einrichtung in ihrem Leben sein soll.
Das bestehende hochpatriarchöse Gesellschaftsambiente brachte so den MannundFrau-Mythos erst als unauflösliches Ehepaar und in der Moderne in dem Begriff Partnerschaft hervor. Die gleichberechtigt anmutende Partnerschaft bleibt trotzdem ein typisch patri-kulturelles Konstrukt, dass schon wieder jede Frau und Mutter in die androzentriert-patriarchale Irre führt. Mann und Frau wurden so konditioniert, dass sie unentwegt versuchen als ideale Einheit ein ganzes Leben lang zusammenbleiben, was eigentlich nur mit sozialen Zwängen einher ging und die Regel ist es ohnehin nicht mehr, seit die Frau grundsätzlich zu einigen Rechten gekommen ist.

Stephanie Ursula Gogolin


ÜL - natürlich selektierierte Strategie
des Überlebens einer Art

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