25 August 2006

Weiblicher Zeitgeist?


Und da steht es in dem Wochenblatt „Die Zeit“: Wir brauchen einen neuen Feminismus!

Meiner Meinung nach nicht unbedingt einen neuen, jedenfalls keine Neuauflage des einstigen so genannten Feminismus. Aber was eigentlich?

Einen anderen, einen nicht nur politischen, einen individuellen. Einen selbstverständlichen, der bis in private Beziehungen reicht, denn privat ist politisch, hieß es einmal.

Aber ist es dann noch Feminismus?

Greifen wir doch mal wieder zum Wörterbuch!

Feminismus: weibliches Merkmal oder Verhalten beim Mann; Bewegung der Feministinnen. Eine Feministin ist eine „Frau, die für die Aufhebung der Herrschaft des Mannes über die Frau und Gleichberechtigung im gesellschaftlichen und privaten Bereich kämpft“ (Wahrig, 7. Auflage 2002).

Na also! Nur der private Bereich scheint mir damals etwas zu kurz gekommen. Dass haben die meisten Frauen, glaube ich, mehr oder weniger für sich nachgeholt. All die Strömungen der Selbstfindung, des Esoterikboom, Wahrnehmen der weiblichen Publizierenden, Schaffen eines neues Körperbewußtsein, Anstreben von wirtschaftlicher Unabhängigkeit (Erreichen steht auf einem anderen Blatt), Ansätze der Bildung von Frauengemeinschaften (dem Anschein nach die größte Schwierigkeit).

Jedoch bis zur Bereinigung von Mutter und Tochter – Beziehungen, selbstverständlicher Schwesterlichkeit und weiblicher Solidarität hat es wohl noch nicht ganz gereicht. Der Satz: "Ich bin nicht gegen Männer, sondern für Frauen", ist in seiner ganzen Bedeutung noch nicht umgesetzt.


Oberflächlich betrachtet hat der Feminismus von einst alles geschafft. Im politisch trägen Deutschland wurden überholte Gesetze gekippt und die öffentliche Meinung hat sich auch verändert. Welche der (positiven) Entwicklungen gehen auf das Konto des Feminismus oder aber auf die weltweit veränderte Wirtschaftslage oder Globalisierung?

Es ist ein weites Feld. Und haben sich die Verhältnisse wirklich verändert?

Frauen können Kanzlerin werden, aber sich immer noch nicht zu jeder Tages- und Nachtzeit überall frei bewegen. Das öffentliche männliche Gewaltpotential, besonders unter Jugendlichen scheint eher angestiegen zu sein, weibliche Teenager geben sich selbstbewusst, signalisieren jedoch mit Kleidung und Gebärden Unterwerfung. Bestimmte Frauen geben sich feminin bis zur Magersucht oder lassen sich von Chirurgen zurechtschneidern. Mütter sind immer noch der Abtreter der Nation und von Zeit zu Zeit heult eine auf, dass sie doch das Recht hätte, sich gegen Kinder zu entscheiden und Männer ziehen sich still und heimlich aus Zeugungsgeschäft und Aufzucht des Nachwuchses zurück. Der Aufruf zum Gebärstreik der Frauenbewegung von einst, hat jedenfalls scheinbar funktioniert.

Die schwarz-weiß Moral der Vergangenheit hat viele neue Farbnuancen bekommen und Worte, wie Flittchen oder Schlampe sind gesellschaftsfähig geworden. Dafür hat jede, seinerzeit vielleicht noch achtbare weibliche Bezeichnung in der Umgangssprache eine Abwertung erfahren. Der ehemals angeprangerte Sexismus hat inzwischen ein Level erreicht, den wir uns vor dreißig Jahren noch nicht vorstellen konnten.

Aber der bewusstseinsverändernde Aspekt des Feminismus von damals ist nach wie vor nicht zu unterschätzen und nach der langen Pause schadet ein Neustart sicher nicht, im Gegenteil!

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