13 Mai 2006

Sommerregenerinnerungsgedanken

In den letzten Tagen habe ich mehr in anderen Blog’s geschrieben, als in meinem eigenen, mir schwirren so viele Themen durch den Kopf, dass ich mich nicht entscheiden kann.
Der Sommer tanzt bereits durch den Garten, das Grün ist schon kräftig und die Leichtigkeit der zarten Frühlingsblumen ist satten Farben gewichen. Der Walnussbaum hat schon ganz ordentliche Blätter bekommen. Er gehört zu den Bäumen, die im Herbst als erstes ihr Laub verlieren und im Frühjahr sich recht spät wieder ihr grünes Kleid anziehen. Die merkwürdige Wetterlage gibt mir oft das Gefühl etwas verpasst zu haben. Erst hat sich der Winter gar nicht trollen wollen, plötzlich wurde es warm und alles knallte auf einmal auf. Kein gemächliches Hintereinander, sonder zugleich, sofort und üppig. Alles ist überall dick mit gelbem Blütenstaub überzogen und wenn ich in mein Auto steige und los fahre, fange ich sofort an zu niesen.
Als Kind war das die Zeit, da ich über eine riesige (aus meiner Sicht, später war sie recht überschaubar) Wiese sprang und Löwenzahnblüten pflückte. Meine Freundin und ich spielten Bienen und das war der Honig. Im Hof auf den Platten gab es Kreidestrichwaben und da wurde der Honig fein säuberlich eingelegt. Wir waren sozusagen Biene Maja, aber ohne die mollige Zeichentrickfigur im Hinterkopf zuhaben, die gab es nämlich noch nicht. Wir hatten damals auch keinen Fernseher, aber das Buch von W. Bonsels kannte ich schon, Dorfbibliothek, alter Bestand. Wir spielten viel draußen, im Grünen, stromerten den Feldweg hinter dem Garten entlang und als wir etwas älter waren, ging es bis zur Hasengrube oder im Wäldchen Veilchen pflücken. Gegenüber dem Schrebergarten meiner Eltern floss ein Bächlein und an ihm standen knorrige Weiden, in denen ich herumkletterte, fast könnte ich sagen, wohnte.
Ich konnte im Gras sitzen, ohne dass mich mein Bruder fand und im Herbst Körbe voll Kastanien sammeln. Den Sommer über galt es Futter für die Kaninchen zu suchen, das auch aus Löwenzahn bestand, der regional Bumbaumeln hieß. Ich weiß bis heute nicht wo das Wort herkommt.
Was ich damals nicht lernte war, was sich aus dieser Pflanze zu gewinnen ließ. Überhaupt hatten die Kräuter in der Zeit, als vor ihnen noch ein „Un“ stand, keinen guten Ruf. Trotz meiner kindlichen Naturverbundenheit wäre es mir nicht in den Sinn gekommen ein Löwenzahnblatt zu essen. Was wild auf der Wiese wuchs, war nicht essbar, wenn nicht giftig. Die braven, im Garten geduldeten Pflanzen, so auch die Küchenkräuter, wie Petersilie, Dill und Schnittlauch mussten über die karge Zeit, da vergessen ward welchen Wert die meisten Kräutlein besaßen, hinweghelfen.
Und die geheimnisvolle Wendung aus dem Märchen „Quendel und Dost“ konnte ich lange nicht aufklären. Heute weiß natürlich was sich dahinter verbirgt und ich bin froh, dass Die wilden Kräuter ohne „Un“ zu uns zurückgekehrt sind, beziehungsweise, wir zu ihnen.
Der Regen hat aufgehört, mein Exkurs in die Kindheit ist zu Ende und heute ist der Tag des Vollen Mondes, eigentlich Beltane.
liebe Sommergrüße an alle
Stephanie

1 Kommentar:

Vera hat gesagt…

Liebe Stephanie,
durch deinen Eintrag ist mir, wieder einmal mehr, klar geworden, wie sehr die Wertigkeiten sich verschoben haben. Es gab Zeiten, da galt die "Kräuterhexe" als Medizinfrau, aber mann hat aus ihren Kräutern Un-Kräuter gemacht. Manchmal ist die Deutlichkeit dessen, was da passiert ist kaum zu ertragen. Noch ein Grund mehr, endlich anzufangen mit der Kräuterkunde.

Liebe Grüße
Vera