21 November 2006

Ein AbendTraum

Die weise Alte sitzt zwischen meinen drei Türen auf dem einzigen freien Platz in meiner kleinen Wohnung. Nichts kann dort eigentlich lange verweilen.
Diese Stelle ist ein Durchgang, vielleicht sogar ein Übergang, ein heiliger Ort!
Es ist der Fleck, der für mich drei Möglichkeiten bereithält
- meine Räume zu betreten, in denen ich allein sein kann,
- in das Treppenhaus zu gehen, um die Mitbewohner des Hauses zu erreichen,
- das Haus zu verlassen und ins Draußen einzutauchen.
Die weise Alte sitzt und spinnt aus Maisbärten, Bast und den Spinngeweben aus meinen Zimmerecken einen dicken Faden. Alle Helligkeit verliert sich unter ihren unermüdlichen Händen. Schwarz windet sich der Faden durch den Raum, stark genug, um daran in die Nacht zu klettern.
Aber, das geht nur, wenn es völlig dunkel ist!
Jedoch es ist nie natürlich dunkel.
Immer brennt eine Straßenlaterne, ist ein Fenster erleuchtet oder fährt ein Auto vorbei.
Wieweit müsste ich laufen um den schwarzen Faden nach oben werfen zu können, damit er sich in der Nacht verfängt und zum Aufstieg fest genug verankert ist?
Liefe ich jetzt los, ich würde bis zum Morgengrauen nicht genügend Dunkelheit finden.
Die weise Alte sitzt und spinnt, dreht und drillt und der Faden windet sich durch einen Fensterspalt hinaus. Sie sitzt und spinnt bis zum Tagesbeginn!
Ich werde heute wieder nicht die Nacht erreichen, die jeden Abend erneut auf mich wartet…

6 Kommentare:

Vera hat gesagt…

Liebe Stephanie,
Sehnsucht nach völliger Dunkelheit? Seit wann verspürst du sie? Wenn ich an völlige Dunkelheit denke, dann habe ich eher ein komisches Gefühl. Angst? Vielleicht nicht ganz, eine Vorstufe davon. Ich mag es zum Beispiel nicht, wenn die Rollos so weit heruntergelassen werden, dass gar kein Licht mehr in den Raum fällt. Völlige Dunkelheit ist ja auch in der Natur nicht immer vorhanden, oder? Der Mond, die Sterne, wir würden das "Nachtlicht" doch viel mehr wahrnehmen, wenn es die ganze elektrische Beleuchtung nicht gäbe? Völlige Dunkelheit, was ist das für ein Traum?
Liebe Grüße
Vera

kvinna hat gesagt…

In der Schweiz, auf 1500 m über Null, habe ich am Eingang zu einem Wäldchen spät in einer Sommernacht völlige Dunkelheit in der Natur erlebt.

Mir machte sie Angst.

Luisa sagt, sie hat sich die Dunkelheit zurückerobert und seither hat sie für mich etwas von ihrem Schrecken verloren, denn es ist was `dran, dass wir uns selbst aus ihr ausgesperrt und uns damit etwas versagt haben.

Für mich klingt das eher nach Schlaflosigkeit?

Stephanie hat gesagt…

Naja liebe Vera, mit solchen Texten ist es wie mit Gedichten, die erklärt man nicht.

Aber zum Thema Nacht. Ich habe ja bei www.eschenfee.twoday.net zu der Einsamkeit, der bedrohlichen Dunkelheit und dem Licht einen Kommentar abgegeben und das wiederum inspirierte mich zu dem Text der jetzt in meinem Blog steht.
Wir haben Angst vor der Dunkelheit? Vor den, in ihr lauernden Gefahren. Dunkelheit ist hinderlich bei unseren Verrichtungen, Dunkelheit ist scheinbar nur zum Schlafen da? Licht ist zum absoluten Wert geworden.
Aber dunkel ist nicht gleich dunkel. Es gibt auch helle Nächte und dunkle Tage.
Natürliche Dunkelheit ist knapp geworden.
Das Land ist zerschnitten von Strassen, die mehr oder weniger beleuchtet sind. Unsere Städte sind ein ständiges Lichtermeer und unser Tag-und-Nacht-Rhythmus ist schon lange nicht mehr abhängig von natürlichen Lichtverhältnissen. Pflanzen und Tiere müssen die von uns geschaffenen Bedingungen mit leben, wenn sie das Pech haben in unserem Einzugsbereich zu existieren.
Vielleicht liegt es am Alter, aber mancher Schrecken verliert irgendwann seinen Schrecken!
Ich finde es mitunter erholsam in relativer Dunkelheit zu sitzen, ich laufe auch manchmal ohne Beleuchtung durchs Haus. Ich gehe dann bedächtiger und konzentrierter, fühle bisweilen dass da noch jemand mit mir unterwegs ist. Es ist eine andere Form der Wahrnehmung.
Angst ist ein inneres Alarmsystem, Angst schützt uns vor gefährlicher Risikofreude, Angst entsteht aus einem Mangel an Nähe und Zuwendung, Angst ist auch Konditionierung. Ich erinnere dich an die Geschichte mit dem Mond. Und wer schaut noch nach den Sternen inmitten einer gleißenden Großstadt.
Gruß Stephanie

Stephanie hat gesagt…

Liebe kvinna, nicht nur bei Luisa F. findest du, dass Frauen sich die Nacht zurückholen. Erfahrung mit allen Sinnen, machen wir nicht nur im Hellen. Außerdem glaube ich, dass Schlaflosigkeit bzw. Schlafen können überschätzt wird. Ansonsten, siehe oben.
Dunkle Grüße Stephanie

kvinna hat gesagt…

Liebe Stephanie, leider habe ich technische Probleme mit deinem Blog: um zu dir zu kommen, muss ich jedesmal über deinen Kommentar in meinem Blog auf dein Profil gehen und erreiche dann nur von dort deinen Blog. Ich kann ihn auch nicht zu meinen Favoriten hinzufügen, um dich schneller zu erreichen. Außerdem kann ich weder deinen Blog noch die Kommentare hier normal scrollen: ich muss immer auf's "Mausrädchen" klicken, um dann durch bewegen der Maus das Bild nach oben oder unten zu ziehen. HILFE!

Stephanie hat gesagt…

Liebe Kvinna, das ist mir noch unerklärlich, da wir beide die gleiche Blogoberfläche haben.
Ich habe noch mal die Einstellungen überprüft, versuche es doch einfach noch mal.
Gruß Stephanie