25 Oktober 2011

Bis ans Ende aller Tage

Wir sollten in all den Überlegungen, Diskussionen und Debatten „die Mutter“ immer bis zum Ende denken. Bis zum Ende ihres Lebens, bis in die Welt der Ahninnen und bis zu den körperlich, geistigen und psychischen Verknüpfungen mit ihrem Kind.

Mutter ist eine Frau, die ein Kind austrägt, zur Welt bringt und es eine Zeit lang aufzieht - spätestens an dem Punkt scheint unser heutiges Verständnis zu enden. Oder noch schlimmer. Es ist als würde eine latente Forderung im Raum stehen, das sich Frauen sozusagen wie eine Leihmutter begreifen sollen und nach der Geburt das Kind als eine Art Fremdkörper anzusehen haben.

Dabei besteht die absurde Tatsache, dass die jungen Mütter erst einmal anfangen müssen das Kind aufzuziehen und dabei richtig allein sind, selbst wenn sie mit einem sogenannten Partner liiert sind. Es kommt zu dieser Gratwanderung zwischen dem erinnerten: „...es braucht ein ganzes Dorf um ein Kind aufzuziehen!“ und der modernen Forderung: „Mütter sollen nicht so tun, als wären sie die einzigen Bezugspersonen des Kindes...“.

Zitat aus dem Buch „Der Mutterschaftsbetrug“ von Christa Mulack : „Diese isolierte mütterliche Randposition ist ein evolutionsgeschichtliches Novum. Zu keiner Zeit hat es jemals eine solche Vereinzelung von Müttern gegeben, die bei uns auch noch gepaart ist mit extremen Belastungen und Behinderungen. Selbst während der längsten Zeit patriarchaler Kulturen fühlten sich immer mehrere Menschen für die Versorgung des Nachwuchses verantwortlich...“

Die meisten Beurteilungen zum Thema Mutter kommen erst einmal von Nicht-Müttern. Nicht ein Mann wird auch nur ansatzweise in der Lage sein wirklich zu fühlen und nachzuvollziehen, was Mutter werden für die einzelne Frau bedeutet und dass dieses auf besondere Weise ein unumkehrbarer Vorgang ist. Die Bedeutung der komplexen Prozesses im mütterlichen Körper und in der Verwobenheit mit ihrem Geist und ihrer Psyche, wird heruntergespielt und auf Ebenen verschoben, wo der Mann glaubt mitreden zu können. Und das Muttersein wird als eine vorübergehende Erscheinung gewertet – Sorry Jungs, aber in Wirklichkeit habt ihr keine Ahnung.

Und Sorry Mädels, das mütterliche Sein ist eine Lebensstrategie innerhalb vieler Spezies und es ist daher eine weibliche Daueraufgabe bis ans Ende eurer Tage...

Ich höre bereits wieder einige aufjaulen, da es mit der momentanen political correctness nicht zu vereinbaren ist, solche Äußerungen zu tätigen. Dabei möchte ich wirklich niemanden in seinen Lebensplänen zu nahe treten. Frau ist heute glücklicherweise (wieder) in der Lage selbst zu bestimmen, ob sie Mutter wird oder nicht und das ist gut so.

Denn es geht mir hier auch nicht um ein ständiges Kindergebären oder die Tatsache, das Mutter und Kind auf eine sentimentale Weise mit einander verbunden sind, sondern auch darum was im Körper einer Frau, im Zusammenhang und -leben mit dem anwesenden Kind(ern) über viele Jahre hinweg geschieht. Jede Mutter sollte wissen was ich meine. So manches was wir naiv unter persönlicher Erfahrung verbuchen, ist die Wahrnehmung eines biologischen Ablaufs und mit den Phasen des Heranwachsens des Kindes verknüpft. Außerdem schließen unter natürlichen (und urtümlichen) Bedingungen die großmütterlichen Reaktionen nahtlos an und greifen ineinander. Einmal Mutter immer Mutter, ist eigentlich die menschliche Faustformel (ich beziehe mich dabei auf meine eigenen umfangreichen Erfahrungen und zusätzlich auf das Buch von Louann Brizendine „Das weibliche Gehirn“).

Die heutige Kultur, die vorherrschende Gesellschaftsideologie und die inzwischen auf alle übertragenen männlichen Werte, hindern Frauen, auch die es wollen, an einem tatsächlichen Muttersein.

Erstens ... gibt es für die einzelne Mutter keinen fürsorgenden, weiblichen Background, bzw. eine mehrere erwachsene Personen umfassende, angehörige Gemeinschaft (stattdessen wird ein Mann dazu abgerichtet diese Unterstützung zu stellen).

Zweitens ... wird das Mütterliche Sein immer noch unter dem Aspekt der so gern zitierten Zwangerschaft und der totalen patriarchalen Abhängigkeit gesehen

Drittens ... wird Mädchen (und Jungen) von klein an so was wie eine temporäre Mutterphase suggeriert: Die Mutter steigt vorübergehend aus ihrem bisherigen Leben aus, um sich eine Zeit lang um ihr Kind zu kümmern – das heißt, die Mutter ist nur all inclusiv verfügbar bis das Kind laufen kann; danach teilzeit, wenn es in den Kindergarten kommt; schon kaum noch, wenn es in die Schule geht; spätestens ab der Pubertät des Nachwuchses ist Mutter die Letzte, die für die geistige und Herzensbildung der Heranwachsenden zuständig sein darf (allerdings hat sie noch die körperlichen Bedürfnisse zu versorgen).

Viertens ... fast alle glauben, dass diese Lebensweise gut fürs Kind und erst recht gut für die Mutter ist.

Fünftens ... Müttern, welche Gefühle kommunizieren die nicht mit dem gesellschaftlichen Dogma übereinstimmen, wird ein schlechtes Gewissen gemacht. Die (gesellschaftlich verordnete) Freiheit ihrer Kinder (die heutzutage durchaus auch Gewalt, Drogen, Kriminalität oder Prostitution beinhalten kann) ihnen über alles zu gehen hat, egal ob es vernünftig oder zum Wohle des Kindes ist.

Sechstens ... es existieren keine matrifokalen (Schutz)Gemeinschaften für das Kind.

Siebtens ... heutige Mütter leben in dem Muss des vorauseilendem Gehorsam. Alles was das Kind aus der mütterlichen Geborgenheit heraus führt, wird selbstverständlich von der Mutter selbst rechtzeitig angedacht und von langer Hand vorbereitet – ein gutes Beispiel für diese Art des Funktionieren ist das Anmelden eines Kindergartenplatzes noch vor der Geburt.

Achtens ... junge Mütter besitzen in der Regel keinen innigen und hilfreichen Kontakt zu den eigenen Müttern und Großmüttern.

Neuntens... die grundsätzlich gravierende Entfremdung von Mutter und Kind wird weder auf der persönlichen, noch auf der gesellschaftlicher Ebene registriert oder als bedenklich wahrgenommen.

Die Muttersippe ist eigentlich (auch im Patriarchat) immer vorhanden, da es sich hier um die natürliche matrilineare Konstellation im Menschendasein handelt. Wir können verdrängen oder vergessen, dass die Mutter die Garantin des Lebens ist und wir können sogenannte männliche Blutslinien und Abstammungen Jahrhunderte lang als gottgegebene Norm ansehen, das ändert nichts daran, dass für jeden eine reale mütterliche Vererbungslinie besteht.


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1 Kommentar:

Eihekse hat gesagt…

Wow, endlich mal eine, die sagt, was ich die ganzen Jahre fühlte, und auch meiner Meinung ist, dass das so nicht in Ordnung ist. Lange dauert es oft, bis frau sich findet, aber irgendwo her hatte ich die Kraft, gegen diese gesellschaftliche Norm alleine anzukommen so gut es geht. Ich hatte auch Glück, ging erst arbeiten halbtags in die Kita, als ich meinen Jüngsten mitnehmen konnte. Allerdings bin ich durch meine Arbeit der Ansicht, dass Kinderkrippen nicht zu verantworten sind. Meine vier (jetzt 13,15,17,19) wuchsen größtenteils bei/mit mir auf und haben guten, festen gesellschaftlichen Stand, wissen, was sie vom Leben wollen und wie sie dazu kommen. Ich bin stolz auf sie (und mich).