03 Juli 2014

(nicht) religiös - Kindheit, die Dritte...

wir wählen uns in der Regel unsere Religion nicht freiwillig. Es ist üblich, dass Kinder in ein bereits religiös vorgeprägtes Umfeld hineingeboren werden, in dem das sogenannte Elternhaus die persönliche Richtung vorgibt. Die Eltern und unsere sonstigen Angehörigen erziehen uns unseren späteren Glauben an, zumindest versuchen sie es.
Ich bin unter den gesellschaftspolitischen Laborverhältnissen der, ein sozialistisches bzw. kommunistisches Staatsgefüge anstrebenden, DDR aufgewachsen. Die 'Religion', so schien es, wurde anfangs auf deren Territorium nur geduldet, blieb aber bis zum Niedergang der marxistisch-leninistischen Idee eine feste Größe im Alltag des truschigen ostdeutschen Kleinstaates.
Die meinungsbildenden Lehren der gut organisierten tradierten Kirchen standen der, sich menschenfreundlich gebenden, Staatsideologie gegenüber und beide verschmolzen in ihren, besonders maskulinen, Idealen mitunter auf seltsame Weise mit einander.
Das sozialistische Schulsystem setzte auf die Überzeugungskraft der neuen ideologischen Werte ( Freiheit für alle und keine religiös gestützte Herrschaftskaste) und stichelte, wo es nur möglich war, gegen die, als überholt gebrandmarkten, Glaubensvorstellungen der religiösen Überlieferung.
Die Kirchen einfach nur abzuschaffen wäre jedoch, dem sich tolerant gebenden, Sozialismus nicht gut bekommen. Das Politbüro oder wer auch immer, bemühte sich, besonders am Anfang dieses bizarren gesellschaftspolitischen Experiments, mit allen zur Verfügung stehenden Mitteln den Wirkungsradius der traditionell vorhandenen Religionen so gut es ging zu beschneiden. Das bemühte Konzept ging jedoch nicht wirklich auf. Die konventionelle Religionshörigkeit eines Großteil der Bevölkerung kollidierte zwar einerseits mit der modernen Staatsräson, vermischte sich jedoch andererseits mit den neuen, heroisch daherkommenden Wertevorstellungen einer idealistischen Utopie zu einem mainstreamigen Einheitsbrei.
Als Kind an etwas zu glauben, was die kriegstraumatisierten Eltern manchmal selbst nicht mehr zu glauben vermochten, stellte mich vor eine besondere Herausforderung. Trotzdem fand ich es irgendwie gar nicht mal so schlecht an dem parallel zum Schulunterricht stattfindenden Religionsunterricht teilzunehmen oder auch mal sonntags in die Kirche zu gehen. Denn dort gab es interessante Informationen, die mir in meiner drögen Dorfschule vorenthalten wurden. Der deutlich hervorgehobene, die Geschichte betreffende, Konflikt machte mich neugierig. Natürlich konnte ich später all die losen Enden verknüpfen und mir ein realistisches Bild von der historischen Vergangenheit und der immer noch (sowohl politisch wie auch konfessionell und geisteswissenschaftlich) manipulierenden Gegenwart machen.
Der "Glaube" meiner Kindheit ging dabei restlos verloren.
Bis zu meinem heutigen, recht gut informierten Geschichtsverständnis und den daraus resultierenden Handlungsoptionen sowie meinem (ethischen wie auch spirituellen) Wertekodex, war es allerdings ein weiter und manchmal mühsamer Weg, den ich mir über weite Strecken allein suchen musste. 

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