27 August 2016

Der patriarchale Urknall oder die Kultivierung des psychopathischen Narzissmus

Psychopathen begegnen uns recht oft als empathische und charmante Narzissten, die virtuos ihr ebenso soziopathisches Equipment, bestehend aus Eigennutz, Gefühllosigkeit, Gemütskälte, Gemeinheit und sogar Grausamkeit einsetzen, um sich zu profilieren und dabei ihre Umwelt kontrollieren oder auf Kosten anderer ein elitäres Leben zu führen. Hier ist nämlich nicht der offen gewalttätige psychopathische Kriminelle gemeint, der früher oder später seine Tage im Knast verbringt oder seine inhumane Präferierung in militärischen oder wahlweise terroristischen Modulen auslebt, sondern der im Alltag brillierende skrupellos-geniale Karrierist und Machtmensch, der sein Umfeld gekonnt einwickelt und gegebenenfalls über Leichen geht.

Ein Mensch, der sich an allem und jedem bereichert, sowie aus Machtspielchen oder Größenwahn - Projekten nicht nur einen Nutzen, sondern selbst noch sein Vergnügen zieht.

Meist sind sie die (unerkannten) Energievampire, die fast jeder gern füttert, besonders Frauen. Man bzw. frau kann sich oft deren scheinbarer und vorübergehender (siehe sogenannte Heiratsschwindler) Bedürftigkeit nicht wirklich entziehen und fühlen sich geschmeichelt helfen zu können. Ihr Wunsch sich unentbehrlich zu machen, kommt dem Initiator entgegen, der auf willige Paladine angewiesen ist, um sein Wohlergehen zu gewährleisten oder seine Pläne umzusetzen. Der intelligente Psychopath macht Menschen von sich abhängig (hier finden wir auch den, plötzlich nach der Hochzeit prügelnden Ehemann). Er ist der geborene Herrscher über Gutgläubigkeit, Ängstlichkeit, naiven (Gott)Vertrauens und emotionaler Unterversorgung seines Gegenübers. Er fühlt sich als König der Welt und manchmal wird er es auch.

Da also psychopathologische Erkrankungen natürlich sind, wären diese auch für das gesamte Tierreich normal und man könnte sich fragen, hätten sie ähnliche Auswirkungen? Für manche fällt die Entstehung der patriarchösen Kultur in den Menschengemeinschaften unter eine 'natürliche' Entwicklung. Ich sehe das etwas anders. Denn das würde ja bedeuten, es könnte bei jeder ähnlich intelligenten Tierarten früher oder später vorkommen, dass das maskuline Geschlecht als Unterdrücker auftritt! Demnach könnten auch andere Säugetierarten innerhalb der eigenen Spezies in maskulinen Cliquen auftreten und sich in gewaltsam durchgesetzten hierarchischen Strukturen etablieren. Wie der Menschenmann würden sie mit dem Instrument der Unterdrückung schwächere Lebewesen nicht nur dominieren, sondern ein dauerhaftes männlich zentriertes System ausbauen und in maskuliner Linie vererben (genetisch). Nehme dann also derlei Geschehen seinen Lauf, würde sich wie beim Menschen ein kriminelles sowie gewalttätiges, also gemeinschaftsschädliches Verhalten einstellen? 

Ein psychopathischer Schimpanse oder Bonobo könnte sich also auch zum Affenkönig aufschwingen, eine stehende Armee aufstellen und die Weibchen in eine Art Zuchtharem überführen? Wohlgemerkt als 'natürliche' nicht als kulturelle Entwicklung. Die Frage ist also: wo endet hier die Natur und wo beginnt die Kultur? Wie ginge eine andere Spezies damit um? Würde so ein repressives Verhalten der Machtübernahme innerhalb der interagierenden Gruppen toleriert oder gar so gefördert, damit das bisherige naturgemäße und artgerechte Gebaren sukzessive dadurch (gezielt) verändert wird und würde die Spezies das überstehen?

Müssen wir täglich damit rechnen, dass sich z.B. psycho- und soziopathische Menschenaffen, intelligente Delfine oder auch naheliegend, Elefantenbullen mit ähnlichen (Charakter)Störungen zusammentun und dann versuchen die Kontrolle über die Horde bzw. Herde an sich zu reißen, wie es beim männlichen Menschen vorkam und immer wieder vorkommt? Werden sie innerhalb der eigenen Spezies den Alltagsablauf gewaltsam kontrollieren und bestimmte, beispielsweise weibliche, Individuen tyrannisieren und dauerhaft gefährden? Oder sind sie noch nicht so weit, weil es ihnen an einem kulturellen Ambiente fehlt? 

Ab wann also greift die evolutionierende Natur und bringt auch bei anderen Spezies narzisstische Psychopathen hervor, die immer wieder versuchen die Gesellschaft, Pardon, die Horde oder Herde zu beherrschen, bis es ihnen gelingt ähnlich der (patriarchal orientierten) Menschengesellschaft die Kontrolle über das  Alltagsgeschehen despotisch durchzusetzen? Ist es tatsächlich nur eine „natürliche Entwicklung“ oder ist der Mensch auf Grund seiner selbst kreierten kulturellen Disposition ein besonders störanfälliger Ausnahmefall im Tierreich?

Entscheidend ist für mich die Frage: was war zuerst da – ein angenommener (natürliche) Drang die eigene Art anzugreifen und u.U. auszurotten, weil man die (jetzt männlich gesteuerte) Ingroup über die (als Bedrohung empfundene) Outgroup stellte? Oder weil Mann sich in seiner Selbstherrlichkeit sprich in seinem individuellen, maskulinen Selbsterhalt bedroht fühlte, aber dabei unabdingbar für sich die Basisversorgung (der Ingroup) erhalten muss?

Vielleicht sind aber beide Varianten auch dasselbe! Denn der entsprechenden kulturellen Evolution ging bereits die Entwicklung von Jagdwaffen voran, die zu Vernichtungswaffen weiterentwickelt wurden. Hinzu kam später die erhöhte Mobilität durch Zuchttiere, hier besonders des Pferdes. In beiden Varianten stecken wir bereits bis über beide Ohren im Beginn der nachhaltigene Patriarchose.

Ist das Entstehen von psychopathologischen 'Erkrankungen' oder Störungen vergleichbar mit einer Grippe oder einer anderen Erkrankung des Körpers? Oder ist eine gefährliche Häufung der narzisstischen Störung, die ihren Ausdruck auch in gewalttätigem Verhalten hat, auf ein entsprechendes Umfeld zurückzuführen, das neben der gesellschaftlichen Akzeptanz von Gewalt durch die Gewalttäter oder Geiselnehmer, selbst und zunehmend durch die Hilflosigkeit der, dem Stockholmsyndrom anheim gefallenen Opfer gefördert wird? Wie viele Narzissten, Soziopathen und Psychopathen, beherrschen allein inzwischen unsere Wirtschaft oder profilieren sich als Ideologen, Religionsführer und Herrschaftspolitiker?

Es ist daher ab einem bestimmten Zeitpunkt in der Geschichte bestimmten Menschenmännern immer wieder gelungen erst das äußere Umfeld, bestehend aus den, ihnen gefährlich erscheinenden Outgroups, durch Bekämpfen zu unterwerfen oder ganz zu vernichten und damit ihre Welt, während ihrer Lebenszeit, zu kontrollieren. Später übernahmen das Konzept 'des optimierten Selbsterhaltes' die Männercliquen der Privilegierten, die innere Kontrolle auch über die letzten sozialen Matrifokal-Gemeinschaft - durch Ideologie, religiöse Intoleranz sowie Ignoranz. Die naturgemäße matrifokale Ingroup verlor schlicht weg ihre Basis - die innere und äußere Freiheit. Der bis dahin tradierte Alltag erlosch endgültig (in der Praxis und allmählich auch in den kollektiven Erinnerungen) und andere, androzentrierte, Traditionen wurde installiert. Das artgerechte Konzept einer weiblich-mütterlichen Sozialordnung fiel der rücksichtslosen, patriarchalen Geiselnahme anheim. Das Gefüge des naturgemäßen und bereits kulturgeformten Matrifokals wurde durch die androzentrierte Zivilisation überschrieben bzw. gegen Machtformationen, beherrscht durch Väter und deren Söhne, ausgetauscht.

Die gewaltsam durchgeführte und oft dauerhafte Trennung der konsanguinen* Mutter-Tochter-Schwester-Bindungen sowie der daraus entstehende Unterbrechung der Überlieferungen des menschenartgerechten Kontinuum, ebnete den kontrollbesessenen maskulinen Vertretern der psychopathisch initiierten Patriarchose endgültig den Weg in die Gesellschaftsform des etablierten Patriarchat. Diese gesamte Entwicklung ist ohne den Einsatz von Waffen und willigen Gefolgsleuten der jeweiligen Herrscherkaste nicht vorstellbar. Waffen sind die Errungenschaft einer bereits androzentrierten und damit maskulin gesteuerten einseitigen Kultur. Das, Töten und Versklaven einschließende, Beherrschen von blutsverwandten** bzw. untertanen*** Angehörigen (hier finden wir die gesamte Weiblichkeit) wurde zur gesellschaftlichen Norm.

Dieser Art des männlichen Selbsterhalts liegt ein männlicher Kontrollwahn zugrunde und ist die blanke Selbstsucht. Dadurch initiierte und förderte man dramatisch die Un-Geborgenheit des Individuums in diesen neu aber nicht vorteilhaft definierten Sozialstrukturen. Wir können den Auftakt der Patriarchose als den Beginn einer permanenten Geiselnahme des Lebens definieren - d.h. als einzelne kriminelle Handlung, als weitreichende kollektive Auswirkung wie Raubzüge und Kriege, als ideologische Unterwerfung, welche die extreme Mütterentwertung und die, zum Teil immer noch bestehende, Versklavung der Frau, in seiner Auswirkung bis heute verdeutlichen.

Diese Art der Geiselnahme der einst friedfertigen Urgemeinschaften brachte nicht nur als kollektives Merkmal das typische Stockholmsyndrom hervor, sondern erwies sich auch bis heute als der ideale Nährboden für jede Art von psychopathologischen Störungen. Allerdings zog sich diese an Gewalt und Kontrolle orientierte Entwicklung über einige Jahrtausende hin und sie ist bis heute nicht abgeschlossen. Von einem Postpatriarchat kann also noch keine Rede sein.

Immer wenn in relativ friedlichen Zeiten sich langsam die Tendenzen des naturgemäßen Agieren der Frau, die Female Choice und selbstverständliche Mütterlichkeit Bahn bricht, kommt es zu einem, oft sehr heftigen, Backslash in der patriarchalen Gesellschaft. Wir können es gerade wieder beobachten und müssen meiner Meinung nach sehr wachsam sein, dass die naturgemäße Freiheit der Frau, die sich gerade unter den derzeit humanen gesellschaftlichen Bedingungen wieder entfaltete, nicht zerschlagen wird. Zum Beispiel durch die rigide und rücksichtslose Struktur einer penibel kultivierten gewaltbereiten Ideologie (und den theistischen Vater-Religion) mit ihren eindeutig sozio- und psychopathischen Zügen.

Wenn wir also diesen Überlegungen folgen und heutige Erkenntnisse und Erfahrung damit abgleichen, gibt nur noch in den Enklaven der matrifokal lebenden Großgemeinschaften (noch existierende indigene Volksgruppen) und in wenigen individuelle Nischen nicht nur die einzigen freien Frauen, sondern auch keine machtbesessenen Psychopathen.

Abschließend zitiere ich dazu Gabriele Meixner (siehe Anne Beck auf FB): »Für uns heißt Leben: keine Gewalt. Für uns heißt Leben nicht: Macht über andere Lebewesen sondern Macht in uns, Macht des Seiens, Macht der Anwesenheit.« Diesen viel zitierten Satz schrieb Erika Wisselinck in ihrem Buch »Frauen denken anders« (1984)

* verwandt durch Geburt in mütterlicher Linie
** z.B. eigene Kinder, die der Macht oder Willkür eines Vater/Herrschers unterworfen sind...
*** sogenannte Ehefrauen, die Mütter der Kinder, die einem Vater/Herrn zugeordnet sind sowie andere weibliche Untertanen, die für das Wohl des Herren und seiner männlichen Verwandten und sonstigen Verbündeten zu sorgen hatten/haben. Der Spielraum der persönlichen Entfaltung, der weiblichen Mitgliedern einer Hausgemeinschaft oder einem anderem Einflussbereiches eines privilegierten Mannes zugestanden wurde, war stets der Willkür oder Gnade des jeweiligen Vaters/Herrn/Herrschers anheimgegeben…

Stephanie Ursula Gogolin

2 Kommentare:

Georg Reischel hat gesagt…

Im Aufwachsen der Kinder ist der patriarchale Modus ein versteckter und hintergründiger, der als allgemeiner Modus nicht bewußt wird und somit allerbeste Chancen hat in die nächste Generation tradiert zu werden.

Der patriarchale Modus trägt in sich und an sich die gewaltbereite Gegnerschaft aller gegen alle und führt schon aus schlichten Angstgründen (Phobie) zur fortlaufenden Aufrechterhaltung derselben.

Ich bin gar nicht patriarchös, sondern werde gezwungen zu meiner eigenen Verteidigung (Notwehr) patriarchale Mittel anzuwenden.

Stephanie hat gesagt…


da bin ich ganz deiner Meinung... aber so sehr ist der patriarchale Modus nicht versteckt, es ist das Fluidum in dem wir uns bewegen (müssen) ... was sagte H. Lesch einmal: wir kommen auf die Welt und die Welt ist schon da...

es wird eben Zeit, dass wir mit dem Stockholmsyndrom und der Notwehr Schluss machen...