12 August 2016

… wir machen alle mal Fehler!

In unserer komplexen Welt beruhen wirkliche Fehler in der Regel auf mangelnder Information oder individuellem Ungeschick, gern auch „menschliches Versagen“ genannt.

Versuch und Irrtum
In der heutigen Informationsgesellschaft, ist Ahnungslosigkeit und Nichtwissen eine ganz schlechte Entschuldigung und schützt sozusagen vor Strafe nicht. Da richtet sich ein gnadenloser Blick auf alle Loser und Naiven, die daherkommen und denken, sie können einfach mal was ausprobieren und wenn es schief geht, erneut versuchen. Im Arbeits- und Wirtschaftsleben ist für Fehler einfach kein Platz und keine Zeit. Wer einmal Fehler macht, dem traut man nicht mehr und der ist ganz schnell weg vom Fenster. Allerdings halten unsere Wirtschaftsstrippenzieher, wie die Generation Praktikum weiß, gern auch die Arbeitswilligen hin und suggerieren den Betroffenen, es wäre ihr Fehler, dass sie immer noch keinen ordentlichen Job bekommen.

Im privaten Bereich jedoch liegen die Dinge, sprich die Feherquote, ganz anders. Da setzen wir ja auch mit unserer Fehlerfreudigkeit nicht die Gewinne oder die Produktionsmittel der Arbeitgeber aufs Spiel, sondern schaden nur uns selbst oder den uns Nahestehenden. Als Privatperson ist es scheinbar ein Privileg Fehler machen zu dürfen. Da heißt es: „... lass mich bitte meine eignen Fehler machen!“ Und Eltern lassen denn auch (schweren Herzen) die Heranwachsenden ziehen, damit sie über die „Versuch und Irrtum“ - Methode sich ihren Weg ins Leben bahnen. Wir legen also sogar Wert darauf Fehler machen zu dürfen. So kann es eben seine Zeit dauern bis wir den „Richtigen“ gefunden haben.

Im persönlichen Bereich kann ein einfacher Fehler aber auch ganz kräftige Kreise ziehen. Mir fällt da der Lottoschein einer Tippgemeinschaft ein, der nicht abgegeben wurde und dessen Zahlen dann in der Ziehung waren. Ein tragischer Fehler, der anderen die Möglichkeit zu Glück und Reichtum zu kommen verbaut, Rachegedanken nach sich ziehen kann und eine vorhandene Vertrauensgemeinschaft zerstört.

Eigentlich soll er nicht passieren, der sogenannte Fehler, aber wir müssen mit seinem ständigen Auftauchen immer wieder leben. Wie sieht denn in der Berufswelt ein konkreter Fehler aus? Eine versehentlich falsche Bestellung, nur eine unrichtige Wechselgeldsumme, gelegentlich eine Fehleinschätzung oder ein unvorsichtiger Handgriff oder der Moment der Unaufmerksamkeit, der einen Crash verursacht? Solche Fehler können auch Leben und Existenzen kosten.

Danebengegangenes Spekulieren an der Börse und ähnliches würde ich dagegen nicht verharmlosend als Fehler bezeichnen. Denn das ist inzwischen mit dem Begriff „Fehler“ auch passiert, er wurde im gesellschaftlichen und sprachlichem Kontext verharmlost, obwohl dahinter auch schon mal kriminelle Energie steckt. Aber es hat sich auch als gut erwiesen, dass der erbarmungslose Umgang mit „Fehlern“ wie auch mit der „Sünde“, als Verstößen gegen die Konventionen und Moral, ihren früheren Schrecken verloren und nicht mehr so gnadenlos sanktioniert werden. Jedenfalls dürfen Kinder beispielsweise nicht mehr geschlagen werden ...

Und ohne menschliche Fehler, Verwechslungen oder kleinen Intrigen, die hinterher als Fehler deklariert werden, gäbe es heutzutage keine Vorabendserie, Seifenoper und Telenovela. Lieblingssätze von Drehbuchautoren sind: „Es war halt ein Fehler...“ oder „...da habe ich eben einen Fehler gemacht!“, vielleicht auch, leicht perfide: „... hast du noch nie einen Fehler gemacht?“

Was ist ein Fehler?
Ein Fehler ist bestimmten Vorgaben entsprechend eine bezügliche menschliche Fehlentscheidung. Dass heißt, irgendwann hat sich im sozialen Zusammenleben ein Verhaltenskodex herausgebildet oder irgendwer schuf eine entsprechende Norm und die Abweichungen von derselben wurde als „Fehler“ oder Sünde oder Verbrechen deklariert.

Der Horror eines jeden Schulkind waren einmal die Diktate. Da wurde unnachgiebig erwartete, dass das Kind alles richtig schreibt oder die entsprechenden Kommata vorschriftsmäßig setzt. Da gab es (zu meiner Zeit) keine Toleranzen. Entweder es wurde alles richtig geschrieben und unter der Arbeit stand „0 Fehler“ oder es gab eine entsprechend schlechte Note. Das ist heute nicht mehr so.

Anfangs ihrer Schulzeit dürfen heute die „ABC Schützen“ schreiben wie sie wollen und richtige Treffer bezüglich der RECHT-Schreibregeln werden nicht mehr vorausgesetzt. Denn die Deutsche Rechtschreibung hat sich nach x Reformen (irgendwie) gewandelt, vor allem die unerbittliche Einstellung der Lehrenden dazu. Der Fehler, welcher einmal ein Fehler war, ist plötzlich keiner mehr.

In unseren Köpfen spuken trotzdem immer noch die althergebrachten Vorstellungen von Fehler machen, selbige vertuschen oder zugeben, herum. Hervorgegangen ist diese Art der Wertevorstellung aus dem einstigen Sündenkatalog, der in der christlichen Welt die gesellschaftlichen Normen bestimmte. Vieles von dem was einmal als schwere Sünde oder als eine Straftat angesehen wurde, ist heute bestenfalls eine unbedeutende Verfehlung oder das gute Recht des Einzelnen. Ich denke da an den Bereich Ehe, Liebe, Seitensprung und Trennungen, bzw. das daraus Entstehen von Patchworkfamilien...

Fehler erkennen und zugeben hat was mit Einsicht und Eigenverantwortung zu tun. Die manchmal emotionsgesteuerten und schiefgegangenen Entscheidungen, welche Probleme und Chaos verursachen, schiebt die verantwortungsbewusste Frau unserer Tage im Nachhinein nicht einfach den Umständen oder ominösen Anderen zu, sondern sie steht tapfer und aufrecht zu ihren Fehlentscheidungen. Das gilt (hoffentlich) für den Mann in gleichem Maße.

Jede Verfehlung gegen Leib und Leben eines Mitmenschen oder gegen die gesellschaftliche Ordnung ist inzwischen durch eine umfangreichen Gesetzgebung geregelt. Fehler, Sünden und Vergehen wurden zu allen Zeiten nicht nur nicht gebilligt, sondern auch geahndet. Die Gewichtigkeit und die Art der Bestrafung ändert sich allerdings (zum Glück) im Laufe der Zeit mit der Moral und der Ethik einer Gesellschaft.

Bestimmte (prominente) Menschen kamen auch in der Vergangenheit immer wieder mit, auch schwerwiegenden, Verfehlungen aller Art oder sogar mit mehr als einem Mord davon, während eine zeitlang der bloße Verdacht der Hexerei oder auch nur eine böswillige Unterstellung die nächstbeste Frau auf den Scheiterhaufen bringen konnte.

Heute werden Mörder, Verräter an der Krone oder Majestätsbeleidiger nicht mehr öffentlich hingerichtet. Die Art und Weise, wie wir mit Straftätern, Regimegegnern oder Kabarettisten umgehen hat sich vollkommen geändert. Es kostet sie nicht mehr das Leben, vielleicht nur die momentane, wirtschaftliche Existenz, wenn sie erwischt werden oder nicht genügend Einschaltquoten haben.  

Das Chaos kennt keine Fehler
Ich will hier auch niemanden seine Fehler ausreden oder sie von selbigen reinwaschen. Wenn eine meint, einen Fehler gemacht zu haben, darf sie damit tun und lassen was sie will. Sie kann ihn verschwinden lassen, indem sie daraus eine begründete Absicht macht (sehr beliebt) oder sie kann ihn zugeben (kommt immer gut, wusste schon W. Busch) oder sie sieht ihn als Chance und Gelegenheit (wer weiß, was sich das Universum dabei gedacht hat). Denn wir können in unserer komplexen Welt einfach nicht alles und alle berücksichtigen, um somit völlig fehlerfrei durchs Leben zukommen, da sei die Chaostheorie vor. Denn das was der Mensch als Fehler sieht, kann auch einfach nur als der Flügelschlag eines Schmetterlings verstanden werden.

Fehler werden zu Fehlern, wenn sie als solche erkannt oder benannt werden! Nicht immer stößt uns das Schicksal oder unserem Umfeld mit der Nase darauf. Mitunter kann sowohl die Erkenntnis, als auch die eventuelle Fehlerkorrektur seine Zeit dauern und manchen lässt sich auch nicht wirklich korrigieren oder wieder gut machen. Mein größter Fehler war, zulange in einer für mich schädlichen Beziehung, mangels Bewusstheit oder Erkenntnis oder Alternativen, ausgeharrt zu haben. Aber manchmal stellen wir auch fest, dass ein vermeintlicher Fehler nur das wunderbare Sprungbrett zu einer förderlichen Veränderung gewesen ist ...

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2 Kommentare:

Grey Owl Calluna hat gesagt…

„Den richtigen Fehler“…..das ist gut! Grins.
Ja, ja, so ist das eben mit den Kindern. Ich habe noch nie viel gesagt oder herum-erzogen. Jetzt weise ich manchmal schon auf was hin. Lasse aber das Kind (? – 30 jahre), der ohnehin nicht hören will, einfach ziehen. Ist halt so……
Es ist halt einfach manchmal so, dass wir die Situation falsch einschätzen, unaufmerksam sind (aus welchen Gründen auch immer), uns für etwas entscheiden (was zumeist schnell gehen muss) und daraus dann der Fehler entsteht. Oder DAS der Fehler halt dann ist…..den wir so ganz persönlich auszubaden haben.
Aber eigentlich ist es schon so, dass wir im Allgemeinen daraus lernen……wenn wir’s nicht vergessen, oder in einer ähnlichen Situation die gemachten Erkenntnisse nicht gleich abrufen können.

Du kennst mich ja. Wenn ich Fehler mache, gestehe ich sie ein……

Ja, ein schöner Vergleich. „Der Flügelschlag eines Schmetterlings…..“ Stimmt aber. Und zumeist weiß ich, „wann ich landen“ muss. Smile…..

Alles in allem ein wunderbarer Post. Fabelhaft geschrieben. Danke Stephanie und liebe Grüße in Deinen Tag.
Roswitha


Stephanie hat gesagt…


liebe Rosi, ich spiele hier auf den Schmetterlingseffekt...
siehe Wikipedia:
Als Schmetterlingseffekt (englisch butterfly effect) bezeichnet man den Effekt, dass in komplexen, nichtlinearen dynamischen, deterministischen Systemen eine große Empfindlichkeit auf kleine Abweichungen in den Anfangsbedingungen besteht. Geringfügig veränderte Anfangsbedingungen können im langfristigen Verlauf zu einer völlig anderen Entwicklung führen. Es gibt hierzu eine bildhafte Veranschaulichung dieses Effekts am Beispiel des Wetters, welche namensgebend für den Schmetterlingseffekt ist: „Kann der Flügelschlag eines Schmetterlings in Brasilien einen Tornado in Texas auslösen?[1]“

Die Metapher ist insofern problematisch, als manche Menschen den Schmetterlingseffekt als Synonym für den Schneeballeffekt ansehen, bei dem kleine Effekte sich über eine Kettenreaktion selbst verstärken. Das ist jedoch hier nicht gemeint, sondern dass kleine Abweichungen langfristig ein ganzes System vollständig und unvorhersagbar verändern können.