30 November 2015

Das in die Pflicht genommene Elternpaar als moderner Garant des menschlichen Arterhalts und die Grenzen dieses Kunstprojektes...

Ständig begegnet mir, auf Grund der allgegenwärtig patriarchalen Gehirnwäsche in der modernen Denke die Annahme, dass die biologische Reproduktion des Menschen lediglich eine Sache zwischen einem Mann und einer Frau sei, da dieses natürliche Geschehen auf (Hetero)Sexualität beruht.

Das Paar, ob flüchtig bekannt oder dauerhaft vermählt, hat aus Sicht des Mainstreams eine Art
kongenitalen Fortpflanzungsauftrag inne. Hierbei steht die Zeugung, geadelt durch den beteiligten Mann, im ideologischen Focus, während das 'Austragen' und das 'Auf die Welt bringen' sowie das 'Aufziehen' des Nachwuchses der Mutter zugeordnet ist und sich damit in einer Art Grauzone der Gesellschaft abspielt
. Das Gros der Gesellschaft verhält sich dabei immer noch so, als würden Kinder, sind sie einmal da, von alleine groß oder sieht sie lediglich als das Nebenprodukt des sexuellen (Privat)Vergnügens des (Eltern)Paares.


Seit sich das Patriarchat etablierte, wird dem Mann prinzipiell, heute allerdings eher inoffiziell, mehrere Sexualpartnerinnen zugestanden, während die Frau durch die tradierte patriarchale Kultur brachial in der Entfaltung ihres Geburtsrechtes, der naturgemäßen (und somit verantwortungsvollen) Female Choice, behindert wird.

Das Problem dieser Betrachtungsweise – erwachsener Mann und erwachsenen Frau, egal wie gut sie sich kennen, machen untereinander beabsichtigt oder per dummen Zufall die Reproduktion der Spezies auf individueller Basis aus – ist nicht nur eine Denkfalle, sondern vernachlässigt im Sinn unseres Daseins das bewusste Integrieren des Nachwuchses in eine menschliche (Nähe)Gemeinschaft. Bei der Konzentration auf das (patrarchös) angesagte sexzentrierte Lust- und Fortpflanzungsgedöns wird regelmäßig das, was danach kommt, nämlich die uns menscheneigene und artgerechte Weise mit unseren Kindern das Leben zu teilen, unter den Teppich gekehrt. 
 
Mit dem Moment des Zusammentreffens von Eizelle und Spermium ist der biologische Part des Mannes als Mitzeugender eines neuen Lebens abgeschlossen. Weder die Schwangerschaft, noch die Geburt oder das anschließende mütterliche Fürsorgepaket, welches das Gedeihen des Nachwuchses gewährleistet, erfordert zwingend die Anwesenheit des männlichen Beteiligten oder wirkt sich als spürbarer natürlicher Effekt im Leben dieses Mann aus. Anders ausgedrückt, wenn ein Mann von seiner Vaterschaft nichts weiß, ändert sich absolut nichts für ihn (manchmal auch, wenn er es weiß). Keine hormonellen oder sonstigen physiologischen Hinweise seines Körpers signalisieren ihm die Existenz des Nachwuchses zu dem er sein Spermium beigesteuert hat. Wie auch, findet doch Entstehen und Heranwachsen eines neuen Individuums im Mutterleib statt.

Nur kulturell entstandene und kollektiv gestützte Sozialregeln machen einen Mann zum 'Vater' eines bestimmten Kindes. Sich seiner Vaterschaft (einigermaßen) sicher zu sein, setzt eine sozial gut organisierte Kontrolle über die (potentielle) Mutter voraus. Doch trotz der heute so selbstverständlich vorausgesetzte romantischen Liebe und der sich auf selbige berufende Gesetzteslage, bleibt die Zuordnung eines Kindes zu einem 'Vater' bzw. 'seine Rechte' an diesem, ein patriarchaler Akt. Schließlich wird eine jede Frau im Patriarchat so konditioniert, dass sie aus Liebe oder in vorauseilendem Gehorsam keinem Vater sein Kind vorzuenthalten hat und keinem Kind den Vater. Eines der größten (und fragwürdigsten) Dogmen der Neuzeit lautet: Ein Kind braucht seinen Vater!

Hier behaupte ich, dass es umgekehrt ist: Der Vater braucht das Kind! Der Mann, der sich nach moderner Lesart als Vater dieses Kindes begreift findet in so einem kleinen Menschenwesen oft genug seine einzige Anbindung in puncto Zugehörigkeit und Identifikation mit verwandten Angehörigen. Auch Väter sind letztlich verlorene Kinder der nicht mehr existierenden Mutter-Sippe. Der moderne, kinderliebe und fürsorgende Vater agiert hier seinen berechtigten und auch ihm immanenten Drang zur Geborgenheit in einer ihm wohlwollenden Gemeinschaft aus. Das Patriarchat bietet seinen Männern neben der, eher seltenen, privilegierten Machtoption nur noch das Kerngeschäft der Paarungsfamilie.

Das Menschenkind als individueller Teil einer Angehörigengemeinschaft, wurde unter den patriarchalen Verhältnissen zu einem Objekt. Und hier avancierte besonders der Sohn zur Figur und Einsatz in diversen Machtspielen. Vom kostbar gehaltenen Erben bis hin zum ausgebeuteten elenden Sklavenkind wird jedweder Nachwuchs dem Status des als Vater geltenden Mannes zugeordnet und seiner Anerkennung oder Verleugnung unterworfen. Die Kinder des Patriarchats wurden/werden vom Vater im Idealfall legitimiert oder durch diesen bzw. des ideellen Vatertums: geduldet, ignoriert, verdinglicht und sogar als Feind bekämpft. In patriarchalen Verhältnissen muss(te) das "vaterlose" und nur der Mutter zugehörige Kind mit gewissen Formen der Diskriminierung bis hin zur Entmenschlichung rechnen. Grundsätzlich galt das Kind, besonders in privilegierten Verhältnissen, als Eigentum des Vaters. Nahm der mutmaßliche Eigentümer keinen Anteil an einem Menschenkind, behandelte es die patriarchöse Gesellschaft in der Regel wie Freiwild, weitgehend rechtlos und ungeschützt.

In der naturgemäßen Fürsorgegemeinschaft, dem Matrifokal sind alle Töchter und Söhne, auch als erwachsene und alte Person, gemeinschaftsintegrierte und dabei frei handelnde Subjekte. Der (hierarchiefreie) Sozialverband einer artgerecht lebenden Fürsorgegruppe (der matrilinearen und matrilokalen Muttersippe) bestand/besteht aus konsanguinen* Angehörigen. Die männlichen Identifikationsbilder in einem solchem Alltag und im kollektiven Miteinander waren/sind die Söhne (der Mutter) und Brüder (der Schwestern, die Mutterbrüder). Was die Mutter (und Schwester) gebar, wuchs als selbstverständlich Teilhabende(r) unter dem Schutz aller heran. Der uns heute so vertraute Zustand, ein (dauerhaft oder temporär liiertes) Elternpaar (bestehend aus zwei Nichtverwandten), ist keine naturgemäße Voraussetzung und die patriarchal induzierte väterlichen Gewalt über das Kind (und seine Mutter), ist im Matrifokal undenkbar .

Das auf Androzentriertheit beruhende patriarchale Gesellschaftssystem beutet kollektiv das 'schwanger werden können' sowie die Gebärfähigkeit und die Mutterpotenz einer jeden Frau schamlos aus. Das steinzeitliche Sozialmodul 'Fürsorgegruppe' (Matrifokal), wurde durch Gewaltoptionen wie Geiselnahme, Versklavung und/oder Verheiratung der Frau (also ihre Überführung in pseudo-patrilineare und patrilokale Strukturen) sukzessive aufgelöst. 

Die Zerstörung der Muttersippe (die menschenartgerechte Matrix der matrifokalen Fürsorgegemeinschaften) sowie jede Form der Angehörigensippe als Lebensbasis, aus dem Alltag unserer Gesellschaft endgültig zu tilgen, dauerte bis heute an. 

Bewusste weibliche Veränderungsprozesse unsere Zeit sorgen aber auch für ein Abrücken von den tradierten Mechanismen der Partriarchose. Das (sich wieder) Besinnen auf unser naturgemäßes Dasein hat schon seit längerem begonnen. Und obwohl immer noch vielfach akzeptiert wird, dass der natürlich gestaltete, kollektive Arterhalt der Menschenspezies zu eine Art Privatvergnügen der Väter verkam (bzw. in unserer Zeit in der Hand von zwei Personen liegt, die eben noch Unbekannte waren), durchschauen mehr und mehr Frauen den Krampf, einer als Verpflichtung angelegten Elternschaft. Sie besinnen sich auf ihre Kompetenz des verantwortungsbewussten Mutternaturell (auf der Grundlage der evo-biologisch selektierten Female Choice). Heute wissen wir, dass der komplexe menschliche Arterhalt, der in unserer Moderne extrem auf den Begriff der sogenannten biologischen Reproduktion verkürzte wird, seit Anbeginn in den Händen der mütterlich und schwesterlich agierenden Weiblichkeit lag, unterstützt und begleitet durch die Brüder ihres Matrifokals.


* konsanguin - verwandt durch Geburt in mütterlicher Linie
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06 November 2015

Das Problem des Androzentrismus als Gesellschaftsatmosphäre

Anne Busch schreibt: „Selbst den Humanitätsbegriff konnte ich nun stehenlassen, da er sich auch als Verantwortung des Menschen für die “Schöpfung“ lesen lässt. Allerdings bleibt auch in ihm ein gewisser Androzentrismus und notwendig auch männlich geprägter Blick erhalten, den ich aber nicht im Sinne eines männlichen Egoismus begreife, sondern in erster Linie als Haltung im Sinn einer übergreifenden und integrierenden Hoffnung für die Menschheit und den von ihr bewohnten Planeten.“

Stephanie Ursula Gogolin reflektiert zum Begriff Androzentrismus:

Der Androzentrismus als Gesellschaftsatmosphäre ist wie ein Aggregatzustand, in dem wir uns bewegen, ohne die anderen Möglichkeiten zu kennen und als wäre er das einzige lebenserhaltende Elixier...

Der allgegenwärtige Androzentrismus trägt eine jede Frau im patriarchalen Taufkleidchen zu den ersten Weihen der Gesellschaft und begleitet sie durch jede Station ihrer gesellschaftlichen Existenz bis hin zu ihrem einsamen Sterben - einsam im Sinne einer im Alltag nicht präsenten Weiblichkeit.

Wir Frauen sind so auf maskuline Werte geprägt, dass es fast nicht möglich ist, das eigene Frausein tatsächlich, wie es normal wäre, stets zu fühlen oder als schwesterliche Präsenz um uns wahrzunehmen. Bei vielen blitzt wahrscheinlich nur gelegentlich die Ahnung auf, dass wir um das weibliche Miteinander betrogen werden. Die weibliche Seele der Menschenwelt in ihrer mütterlichen Offenbarung ist weder individuell noch im kollektiven Kontext spürbar. Jede psychische, soziale und kulturelle oder auch körperliche Prägung* formt inzwischen ein jedes weibliche Wesen zu eine Art Android. Ein lebendes Kunstwesen, das mit einer maskulinen Programmierung versehen, die Welt der Androzyten erhalten soll. Der innere und äußerliche Kodex dieser unanimen Prägung wird seit Jahrtausenden angewandt und ist nur auf ein Ziel gerichtet: die Hingabe einer jeden Frau an den Mann.

Die vom Mann geschaffene komplexe Idee der Versklavung (vor allem weiblicher Menschen) ließ u.a. eine abstrus einseitige Weltidee entstehen, die es schaffte, dass bis heute beide Geschlechter des denkenden Durchschnittsbürgers jede ihrer Wahrnehmung durch androzentrierte Filter fließen lassen.

Erst in jüngerer Zeit greift auch noch die wahrhaft absurde Spielart um sich, als heranwachsende Frau einem Ideal nachzueifern, in dessen Mittelpunkt der privilegierte Mann steht. Alles was Männer können und machen, können und machen heutzutage Frauen auch. Sie sind motiviert zu beweisen, dass sie "es" auch können. Dabei wird geflissendlich übersehen, dass sie es vor allem können, weil ihnen, vielleicht zu ersten Mal in der patriarchalen Konstellation, der Freiraum dazu gestattet wird ihre ohnehin vorhandenen Anlagen und Begabungen auszuleben. Denn der Punkt dabei ist, dass die Frau, das konkrete Weibliche, die Matrix dazu beiden, schon immer sowohl der Tochter wie auch dem Sohn, bereitstellte. Das heißt, alles was Männer können, zu dem sie fähig sind, wurde ihnen von ihren Müttern vererbt bzw. wurde ihnen mitgegeben.

Solange (artgerechte) Mütter- und Geschwistergemeinschaften die Vorlage des sozialen Miteinander für einen jeden Mann war (ist), gab es (vermutlich) auch keine nennenswerten Probleme mit dem Zusammenleben. Der erforderliche Einsatz für ein ausgewogenes Miteinander war lediglich der Einsatz der individuellen (besonderen) Fähigkeiten aller Gruppenmitglieder. Es ist also gar keine Frage, ob die Durchschnittsfrau zu gleichen Leistungen fähig ist wie ein Durchschnittsmann, sondern die Fragestellung sollte vielmehr genau anders herum lauten.

Die punktuellen Ausnahmeleistungen** die der Mann in seiner für ihn gestalteten Kultur- und Technikwelt zelebrierte und die als Argument für seine intellektuelle Überlegenheit dient, sind überwiegend Leistungen, die wahrscheinlich die meisten Frauen kaum als erstrebenswert ansehen. Ein Hinweis darauf, dass Frauen bis heute, obwohl es für die Durchschnittsfrau von ihren physischen und intellektuellen Voraussetzungen durchaus möglich wäre, all die Vorgaben und Karriereziele erreichen können, die Ideale der Männerwelt eben nicht die ihren sind. Eigentlich haben sie Besseres zu tun. Ihre Kinder aufziehen beispielsweise oder im menschlichen Fürsorgekontinuum sich gegenseitig erhalten. Dem Druck nachzugeben als Frau dem (patriarchalen) Mann nachzueifern, ist nur ein Ableger davon, sich selbst und ihre Kinder wirtschaftlich erhalten zu müssen. Als moderne Frau sind wird auch hier dem androzentrierten Gesellschaftskatalog unterworfen.

Trotzdem herrscht vor der Kulisse des Selbstverständnisses, die Welt habe eine männliche zu sein, die seltsame Furcht vor der 'übermächtigen Frau'. Dieser Popanz wird uns ständig medial gespiegelt. Alle sollen die ebenfalls gewaltbereite und darüber hinaus intrigante Frau, die skrupellos die Welt erobern und sich untertan machen will, fürchten. Diese Phobie ist und bleibt eine Männerphantasie und immer noch die Lieblingsausrede für das Ausbremsen der Frau auf allen Gebieten. Eine im patriarchalen Sinne 'mächtige Frau' ist eben auch nur eine patriarchal sozialisierte Frau.

Der patriarchale Mann ist über die naturgemäße evolutionäre Selektion hinaus so was wie sein eigenes Züchtungsprodukt. So entstand die stets abrufbare Kampfmaschine – der verfügbare Krieger, der gehorsame Soldat oder der opferbereite Held. Seit durch Generationen von diversen Machthaber die „freiwillige“ Wettbewerbs- und Kampfbereitschaft beim (Durchschnitts)Mann gefordert, gefördert und erzwungen wurde, erwies sich der hierarchisch integrierte Untertan zum Selbstläufer. Dabei griff als wesentliche Zutat des Über-Vater-Konzepts jede Form von patriarchaler Ideologie und die auf reinen Androzentrismus umgestellten Religionen.

Ein Menschenmann ist per se nicht gewalttätig, sondern dieser Effekt wurde m.E. gezielt selektiert. Heute ist in unserer derzeitigen abendländischen bzw. europäischen Kultur der gewalttätige Mann, obwohl es ihn auch gibt, eigentlich keine Alltagserscheinung. Aber er ist prinzipiell als geduldete Option vorhanden. Der schlagkräftige und körperlich in jeder Hinsicht potente Mann wird uns nach wie vor über alle Medien als Ideal präsentiert. Wir können davon ausgehen, dass viele Generationen die Erfahrung traumatischer Sinneseindrücke und körperlich erlebter Gewalterfahrung (epigenetisch) weitergaben. Zum Überleben in und mit der Natur kam die kulturell geschaffene Notwendigkeit eines Überlebens innerhalb der eigenen Spezies.

Aber es setzten sich im menschlichen Mutationsuniversum auch andere Attribute durch. Die nerdige 'Züchtungsvariante Mann' ist ein besonders schönes Beispiel, wie sehr epigenetische Effekte immer wieder neue Spielarten 'Mann' hervorbringen. Und so können wir uns hier fragen: ist der heutige Nerd ein reines Kulturprodukt oder eine unter dem Eindruck von Kultur passierte evolvierte Selektion? Wie oft gab es einen steinzeitlichen Nerd, mit dem typisch autistischen Couleur? Oder ist der sozialphobische Nerd eine reine Kreation der Neuzeit? Und wieviel Nerd steckt in den Müttern dieser Kinder? Oder wie sehr ist auch die Frau grundsätzlich „degeneriert“ worden? Ich meine damit, wie sehr hat der inzwischen dramatische Mangel an artgerechtem Naturbezug der menschlichen Weiblichkeit geschadet?

Die Androzentierung unserer Welt ist ja nicht eben mal so passiert weil grundsätzlich alle Männer eines Tages so viel empathischer, klüger, vorausschauender, weiser oder humaner als die Frauen wurden, sondern weil sich durch einige Initialzündungen soziopathischer (oder psychopathischer) Art im männlichen Kollektivkörper Eigenschaften wie unsoziales Verhalten, Gier nach Besitz und Macht, Hartherzigkeit, Skrupellosigkeit und eine nicht enden wollende Affinität zur Gewalt potenzierten. Der Androzentrismus ist das Fundament und der Motor der patriarchalen Gesellschaft (Patriarchose).


* die schlimmsten sind Verstümmelungen aller Art, aber auch das derzeitige Schlankheitsideal fällt in diese Kategorie
** wie Eroberungsbestreben, strategische Kriegsführung, (unnötige) pyramidale Bauwerke, technische Erfindungen, Forschungsarbeit zur Profitmaximierung, als Fortschritt deklarierter Raubbau an Ressourcen usw. ...
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30 Oktober 2015

Das bislang nicht definierte 'Matrifokal'


Neulich sprach ich mit einer lieben Freundin, die leicht genervt meinte, sie hätte jetzt beschlossen wieder den Begriff Matriarchat zu benutzen und zwar ohne schlechtes Gewissen. Nun wir sollten grundsätzlich derlei Begriffe immer ohne schlechtes Gewissen anwenden. Definitionsarbeit ist ohnehin nicht ohne, was also brauchen wir da auch noch ein schlechtes Gewissen. Wozu dient eine Selbst- oder Fremdzensur? Noch sind all die Begriffe um patriarchale und matriarchale Gesellschaftssicht so gut wie kein allgemeiner Sprachgebrauch. Wenn ich mir zum Beispiel das Wort 'Feminismus' so ansehe, dass immer noch unpassend und manchmal sogar absichtlich falsch benutzt wird, werden wir es noch eine Weile aushalten müssen, Worte wie Matrifokalität, Matriarchy oder eben auch Matriarchat immer und immer wieder zu erklären.

Trotzdem ist es nicht ganz so simpel. 'Matrifokalität' als Ausweichwort für 'Matriarchat' zu benutzen ist hierbei auf gar keinen Fall die Lösung. Denn diese beiden Worte sind in ihrer Bedeutung, also als Begriff, nicht deckungsgleich. Sie bewegen sich sozusagen auf völlig verschiedenen Ebenen. Ist die 'Matrifokalität' sowas wie eine reale Zustandsbeschreibung, haben wir bei 'Matriarchat' eher einen ideologisch geprägten Wunschbegriff. Zu diesem Zweck habe ich mal zusammengetragen, wie ich den Unterschied zwischen matrifokal und matriarchal, zwischen dem sogenannten Matriarchat und der, im allgemeinen und vor allem weiblichen Sprachgebrauch noch längst nicht angekommenen, 'Matrifokalität' sehe.

matriarchal versus matrifokal

...seit von einigen forschenden Denkerinnen gegen den Begriff 'Matriarchat' Sturm gelaufen wird, lassen manche den Ausdruck lieber ganz weg und setzen als Gesellschaftsbezeichnung beinahe unkritisch das Wort 'Matrifokalität' ein. Und für andere ist es eh ein und dasselbe. Aber die beiden Begrifflichkeiten sind nicht kongruent. Ich bin der Ansicht, dass der Unterschied zwischen den Begriffen Matrifokalität und Matriarchat größer ist, als frau im ersten Moment denkt. Und ohne weiter auf die Definitionsdifferenzen um das Wort „Matriarchat“ einzugehen, untersuchte auch ich die beiden Wortgebilde, die sich eben auch ähnlich sehen.

Wenn der Begriff 'Matriarchat' oder 'matriarchal' mit dem 'mütterlichen Ursprung' oder „Am Anfang die Mutter“ übersetzt wird, scheint das den meisten in vieler Hinsicht schlüssig. Jedoch ist diese Überlegung eher eine philosophische eben theoretische Definition, die als abstrakte Gesellschaftsbeschreibung daherkommt. 'Am Anfang die Mutter' ist zwar auch, wie wir heute darauf bestehen könnten, eine biologische und daher logische Definition. Hier würde ich aber immer mit einem gewissen Vorbehalt ausgehen. Diese Definition sagt nämlich im Detail nichts darüber aus, wie sich der innere soziale Kontext der frühen Menschengruppen am Beginn des Menschseins gestaltete und auswirkte.
Der Begriff 'matriarchal' bzw. 'das Matriarchat' betrachtet die frühe Menschengemeinschaft bereits als größere, kulturell interagierende Population und sieht darin somit bereits ein gesellschaftliches Phänomen mit einer Art kulturpolitischen Ausrichtung. Das 'Matriarchat' können wir eigentlich nur als gesellschaftstheoretische Definition bzw. Bezeichnung verstehen. Sie beschreibt nicht per se die Parameter des inneren sozialen und sich kulturell entwickelnden Zusammenlebens, sondern stellt sich bereits als sich anonymisierende Großgesellschaft dar.

Anders der Begriff 'matrifokal'. Er setzt sich auch aus 'matri' - das Mütterliche und 'focus' – das Zentrum, die Bündelung, aber auch 'der Herd', zusammen und basiert auf den beiden Voraussetzungen 'matrilinear' und 'matrilokal'. Die Matrifokalität ist das naturgemäße menschenartgerechte Kontinuum – entstanden durch das selektive Überlebensprozedere bis hin zu den frühesten Gruppen- und Sippengemeinschaften der Spezies Mensch. Hier von einer bestehenden oder organisierten Gesellschaft zu sprechen, finde ich unzutreffend. Diese evolutionär entstandenen innersozialen Strukturen sind ein Naturkonzept und funktionieren auf Grund seiner mütterzentrierten, generationsübergreifenden und geschwisterbasierten Attribute.


matrifokal versus patriarchal 

Logischer Weise deute ich auch das Wort 'matriarchal' als gesellschaftstheoretische Begrifflichkeit wenn auch nicht als Pendant zu 'patriarchal'. Im heutigen gesellschaftlichen Deutungskontext findet hier eine unzulässige Umkehrung statt - eine Art Herrschaftstausch. Herrschaftsstrukturen sind im Matrifokalen Urkonzept jedoch nicht vorhanden und die Geschlechter nehmen am Fürsorgegeschehen mit ihren (persönlichen) Affekten und biologisch determinierten Intentionen teil.

Da 'die Mutter' bzw. 'die Mütter' das naturgemäße Zentrum der konsanguinen* Fürsorgegemeinschaften sind und somit vom matrifokalen Anbeginn an die offensichtliche Drehscheibe des menschengemeinschaftlichen Evolutionsgeschehen waren, sollten wir die auf weiblichem Agieren aufgebaute Selbst- und Arterhaltsfähigkeit - die mütterliche Gemeinschaftskompetenz - auch als die soziokulturelle Grundlage der frühen Menschengruppen ansehen. Wenn schon der Begriff 'matriarchal' benutzt wird, dann eben auch nur im Sinne von „auf die Mutter bezogen“ ohne Zuschreibungen wie "Herrschaft" mitzudenken.

Und wir sollten beachten, dass 'patriarchal', im Sinne von „auf den Vater bezogen“, einen ganz anderen Bedeutungsinhalt hat. Der 'Vater' ist eine kulturelle Kreation und als sozialer Taktgeber keine naturgemäße (biologische) Entwicklung innerhalb der Matrifokalität. Da männliches Dominanzverhalten immer mit einem (nicht nur die eigene Art) schädigenden Gewaltverhalten einher ging bzw. geht, wurde die menschen-artgerecht bestehende brüderliche Sozialkompetenz zu Gunsten der machtbezogenen Vaterinstallation ausgetauscht - erst kollektiv und dann grundsätzlich individuell. 

Der (Mutter)Bruder, der von Anbeginn als Fürsorgepartner seiner Schwestern innerhalb eines 'Matrifokal' agierte, bekam so sukzessive eine ideologisch umgerüstete Bedeutung. Im Sinne von Bruderschaft zu anderen nicht angehörigen Männern, wandelte sich verwandtschaftliche Ebenbürtigkeit in androzentrierte Rangfolgen. Und während sich die nun im (Mutter)Sippengefüge platzierten Väter miteinander verbrüderten, wurde die (nicht menschenartgerechte) Trennung von Müttern, Töchtern und Schwestern durchgesetzt und zwar gewaltsam. Der durch Machterwerb privilegierte Mann stieg parallel zu dem jeweils bestehenden Herrscherideal zum Vateridol auf. Die allegorische Vaterfigur etablierte sich als omnipotent erscheinendes Subjekt, das bis heute die patriarchale Gesellschaft fest im Griff hat.

Mal abgesehen davon, dass es bis in unsere Zeit hinein nicht wirklich feststellbar war, ob ein Mann der "leibliche Vater" eines Kindes war, ist der Vaterbegriff in zwei Bedeutungen aufgespalten. Einmal als biologischer Mit-Zeugender eines neuen Lebens (er stellt ein Spermium zu Verfügung, das seine "Gene" an die Eizelle abgibt) und zum anderen als (gewaltsam eingeführter) Beherrscher einer sozialen Klein- oder Großstruktur. Seine gesellschaftlich performte und etablierte Rolle als temporärer Fürsorger einer Kleinfamilie (ein Status der heute zelebriert wird) bzw. als unmittelbarer Verantwortungsträger für den eigenen Nachwuchs, ist ein recht junge Entwicklung. 'Der Vater', genauer die patriarchöse Vateridee, welche durch patriarchalpolitische Ideologie und Religion stabilisiert wird, ist eine rein männlich inszenierte Schöpfung. 

Das relativ schnelle Umsichgreifen hierarchischer Herrschaftsstrukturen könnten wir auch als erforderliche Konsequenz ansehen, das Vakuum zu füllen, dass die Zerstörung der naturgemäßen Muttergemeinschaft nach sich zog. Die verkaufte und versklavte Frau hinterließ zwangsweise ein verwaistes 'Matrifokal' und die weitergereichte Tochter (verheiratet oder als politische Geisel aus ihrer Muttersippe oder später Vaterfamilie heraus genommen) stand als zukünftige Trägerin der mütterlichen Fürsorgegemeinschaft nicht mehr zur Verfügung. Innerhalb kürzester Übergangszeiten übernahmen (einstmalige Mutter-)Brüder die Rolle (und hier handelt es sich tatsächlich nur um eine Rolle) des reputierlichen Vaters, des geachteten Häuptlings (bis hin zur Königswürde) oder des gefürchteten Anführers der Krieger (als Vorstufe der Imperatoren). Der durch legislative und exekutive Macht aufgestiegene privilegierte Mann veränderte dramatisch und nachhaltig die einstigen matrifokalen Sozialgemeinschaften. Die neuen patrigeprägten Kollektivformen bauten mehr und mehr auf Normen auf, die sich als naturfeindlich und inhuman erwiesen.

Das Matrifokal ist ein von mir kreierter Begriff, der die menschenartgerechte, naturgemäße Fürsorgegemeinschaft bezeichnet!

Die 'matrifokale Gemeinschaftsform' ist die naturgemäß artgerechte Seinsform der Spezies Menschen. Auf der Basis der Female Choice** gründete sich hier der biotische, also evolutionär durchgesetzte, optimale Lebenserhalt der menschlichen Spezies. Die dem Menschen artgerechte 'Matrifokalität' bleibt daher nach wie vor, einem Organismus ähnlich, unsere evolvierte Lebensbasis - selbst unter den Bedingungen der nicht naturgemäßen Patriarchose.

Das Leben im 'Matrifokal' war und ist unser ur-natürliches Dasein - das organisch entstandene Kontinuum des Menschseins. Das Matrifokal verstehe ich als das dynamische Habitat, das als existenzsichernde Schutzsphäre für die Mütter und ihren Nachwuchs fungierte. In der Regel bestehend aus den konsanguinen Angehörigen (beiderlei Geschlechts) innerhalb der frühen generationsübergreifend lebenden Menschengruppierungen. Das bedeutet, die Menschen interagierten in ihrem Alltag in überschaubaren, geschwisterbasierten Fürsorge-Gruppen. Ein Jedes wurde in die bestehende Gemeinschaft ihrer Angehörigen hineingeboren und verblieb in diesem Kontinuum in der Regel bis zum Tod. 

Die hundert bis zweihundert, als 'heute noch bestehenden Matriarchate' bezeichneten indigenen Kleingesellschaften auf unserer Welt sind Gemeinschaftsorganismen- bzw. -organisationen auf Angehörigenbasis, welche überwiegend die menschengerechte 'Matrifokalität' im überlieferten Sinn praktizieren.

'Das Matrifokal' oder auch 'das menschliche Kontinuum' ist nicht als vergängliche Episode in einer Abfolge von Gesellschaften zu verstehen. Als naturgemäße Grundlage des Menschseins ist es auch im Patriarchat stets gegenwärtig, wenn auch durch das Diktum der religiös/ideologischen Herrschaftsstrategien aus dem Bewusstsein des kullturell tradiertem Mainstreams getilgt. Es gibt wesentliche Unterschiede zwischen der menschlichen Gemeinschaft und einer (anonyme agierenden) Gesellschaft. Die (Sippen)Gemeinschaft beim Menschen (bei anderen Säugetieren von uns Menschen bezeichnet als: Herden, Rudel, Horden, Muttergruppen) im naturgemäßen Sinne, besteht aus einer Ansammlung überwiegend konsanguiner* Angehöriger, die ihr Zusammenleben miteinander gestalten. 

Im Matrifokal verbringen in einer überschaubaren Gruppierung 'auf einander bezogene' doch in ihrer Persönlichkeit frei agierende Individuen ihren Alltag miteinander. Es ist das gelebte Kernmuster der Angehörigengruppe - die matrilinearen Sippe, die eine artgerechte (natürliche) Ordnung nach einem mütterlichen Prinzip lebt. Hier finden wir einen interagierenden Personenkreis, der in individueller Entscheidungsfreiheit*** sich in der förderlichen Nähebindung der überwiegend konsanguinen Angehörigen bewegt.

Dagegen ist eine 'Gesellschaft' ein größerer und bereits organisiert zu verstehender Zusammenschluss an menschlichen Gemeinschaftsgebilden und Individuen, die einer Art (bereits tradierten) Leitideologie unterworfen wurden und die auf das Individuum bezogen weitgehend anonym interagieren. Die Anonymität, das Hauptmerkmal einer Großgesellschaft, fördert spürbar die zunehmende Separierung des Individuums. Statt einen gewachsenden sozialen Zusammenhalts in einem integrierten Kontext zu leben, separieren sich die Mitglieder der patriarchalen Gesellschaft zunehmend und zwar unter dem eindruck einer relativen Sicherheit in der anonymen Großgemeinschaft. Diese Sicherheit wird jedoch durch eine größtmögliche Anpassung an die verschiedenen politischen Systeme bzw. an die Leitideologien der (patriarchösen) Gesellschaftsform erkauft.

Unsere persönlichen Mittelpunkte im heutigen Alltag sind zwar nach wie vor einer natürlichen Angehörigenbindung angeschlossen bzw. in den kulturell geschaffene Kleinorganisationen (wie die aktuelle Familie, Arbeitsstellen oder andere Organisationen) verankert, denen wir mit oder ohne Bereitschaftserklärung temporär einverleibt werden oder uns freiwillig zugehörig fühlen. Gesellschaften werden in ihren inneren Abläufen von Vertretern der jeweiligen Machtkonzepte gesteuert (und nur in der heutigen Demokratie besteht für jedes einzelne Mitglied die Illusion des Mitbestimmungsrechtes). Das soziokulturelle Ideologiekonzept der heutigen patriarchalen Gesellschaft variiert nach Kulturkreis, ist aber immer noch durchweg androzentriert.

Das soziale, also das zwischenmenschliche, Miteinander in der matrifokalen Grundgemeinschaften, dem 'Matrifokal', bezog sich urtümlich auf den unmittelbar erlebten, alltäglichen Nähekontakt. Dieser war für die Menschenbildung essentiell und ist in unseren menschlichen Erbanlagen als unwillkürlicher Drang zur Zugehörigkeit und in Form von Bindungsemotionen zu unseren Angehörigen vorhanden.Bei nicht Vorhandensein einer natürlichen Bindungsgruppe übertragen wir das Zugehörigkeitsverlangen im Zuge der Überlebensanpassung auf andere, uns sozial nahestehende und möglichst wohlwollenden,vertraute Mitmenschen. Hierin liegt m.E. auch die ungebrochene Willigkeit begründet, sich in Peergroups und Paarbeziehungen zu arrangieren und sich diese, manchmal auch über jede Vernunft hinaus, erhalten zu wollen. Auch das von mir so gern angeführte Stockholmsyndrom hat hier seine Wurzeln. Das Verlangen (auch unter widrigen Umständen) zu überleben bringt ein Individuum dazu dauerstressige, extreme oder schädliche Situationen in stark fremdbestimmten Abhängigkeitsverhältnissen auszuhalten. Das Zugehörigkeitsverlangen und die lebenswichtige soziale Interaktion kann so durch Repression oder Gewaltexesse beherrscht werden. Patriarchale Strukturen bauen auf dieser Form der Unterdrückung auf.

Soziales, zugewandtes Interagieren auf Basis der matrifokalen Bindungsgemeinschaft regulierte urtümlich den Alltag der matrifokalen Sippengruppierungen. Der gegenseitig zur Anwendung kommende Drang zur Angehörigkeit (basierend auf der Mutterbindung) sowie die individuelle Empathie verknüpft mit notwendiger kollektiver Kooperation, bildete eine Überlebensgrundlage mit der sich die frühen Menschengemeinschaften offenbar erfolgreich erhielten und vermehrten. Das naturgemäß matrifokale Menschsein (in einem Matrifokal) ist sozusagen die Grundrechenart ohne die es letztlich auch keine „höhere Mathematik“ des soziale Miteinanders in Balance geben kann



* konsanguin - verwandt durch Geburt in mütterlicher Linie (umgangssprachlich auch 'blutsverwandt')

** siehe hierzu: http://www.gabriele-uhlmann.de/pdf/female-choice.PDF

*** siehe 'The Continuum Concept' von Jane Liedloff

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30 September 2015

Das weibliche Fühlen und Denken - eine persönliche Betrachtung

Manchmal frage ich mich: besitzen Frauen den Verstand aber Männer benutzen ihn? Ich möchte mich nicht unbeliebt machen, aber noch habe ich immer wieder den Eindruck, dass das weibliches Denken so als gesellschaftliche Erscheinung weder en vogue noch gern gesehen ist. Frauen besitzen unzweifelhaft Verstand, auch wenn der Mainstream vielfach noch dagegen hält. Männer gehen gern ungerührt darüber hinweg.

Es ist u.a. die geistige Komplexität, die den Menschen ausmacht und die Mütter von Anbeginn an ihre Kinder vererben, auch an ihre Söhne. Ja, Frauen besitzen eine Menge Verstand und sind das, was wir vernünftig nennen. Ja mehr noch, (Menschen)Frauen haben die Vernunft erfunden – in natürlichen Ur-Zusammenhängen handelten und fühlten sie im Sinne der Sache, d.h. zum Wohle der Gemeinschaft. Sie sind vorausschauend, wägen ab und bedenken die Folgen - sie handeln also folgerichtig - das ist vernünftig.

Wenn Frauen im wissenschaftlichen Bereich Wissen schaffen, dann fällt imho (freie) weibliche Arbeit prinzipiell anders aus, als die der männlichen Kollegen. Die Geisteswissenschaft, wie die Philosophie, denkt über das Leben nach - auch das können Frauen ausgezeichnet, wenn mann sie lässt und der weiblichen Weisheit nicht die kruden Lehren klassischer Philosophen aufzwingt.

Und verstehen wir unter Religion den rückbindenden Effekt an unsere weiblichen Wurzeln und nicht die Gebote und Gesetze beladenen Lehren der Väter, dann ist für die spirituell denkende und handelnde Frau auch ihre persönliche Religion ein hohes Gut. Diese hat sie getrost und bei klarem Verstand schon immer an ihre Kinder weitergeben bzw. (epigenetisch) vererbt. Die Mutter, ist die Quelle des menschlichen Fühl-Denkens. Die Nähe, das gelebte Beispiel des energetischen Austauschs, Mitteilungen der körperlichen Empfindungen mit allen Sinnen, liebende Wahrnehmung und Zugewandtheit, sind die Transportmittel der mütterlichen Lebenslektionen - des beispielhaften Vorlebens im menschlichen Kontinuum. Fühlen und Denken ist für den Menschen eine Einheit. Aber wir können auch sagen: Am Anfang war das Wort - das Wort zwischen Mutter und Kind und dieser kulturelle Effekt findet im Bindungskraftfeld der menschlichen Nähe statt. Sozusagen pure Mutter-Energie...

Ist also Fühlen auch Denken? Haben wir nicht mal gelernt, das Denken und das Fühlen schön sauber getrennt zu halten sind? Die Ratio, das logische Denken war Männersache, die Emotionen wurden den gefühlsduseligen Weibern nachgesagt. Also was ist weibliches Denken und wo ist es gar mit Intuition und Empathie identisch?

Intuition und Empathie ist, genau wie Fantasie, ein geistig/mentales Werkzeug um mit der Welt in Kontakt zu treten, sie (sich) zu erklären und um ihr zurecht zu kommen und um den Kontakt zu den Angehörigen nicht zu verlieren. Trotzdem habe ich immer wieder den Eindruck, dass Intuition immer noch nicht als eine der grundlegenden evolutionären Leistungen im menschlichen Dasein anerkannt wird.

Intuition ist auch nicht deckungsgleich mit dem Instinkt, der auch noch in uns steckt. Der Instinkt ruft Reaktionen des Urverhaltens ab. Die Intuition rechnet auf Grund unserer persönlichen Erfahrungen die Zukunft für eine Situation hoch. Wir wissen intuitiv was für uns gut und richtig ist und das schon seit unserer Kindheit. Dafür tut der derzeit bestehende patriarchale Lebenszwang, seine Ideologien und Dogmen weder unserer Psyche, noch unserem Geist, noch unserem Körper (natürlich ist das eine Einheit) gut.

Der patriarchösen soziokulturellen Unterdrückung entspringt eine Art Miasma, ein permanent bestehendes negatives Energiefeld, in dem wir uns ununterbrochen bewegen. Unsere Körper-Geist-Psyche-Einheit, repräsentiert durch unsere Person, leidet an der patriarchal typischen Fremdbestimmung, aus der weitgehend unser Alltag besteht und die unsere kollektiven sowie persönlichen Abläufe steuert und kontrolliert.

Diese lebensunfreundliche Basis, beruhend auf patriarchalen Denkkonstrukten, zwingt uns auch in dauerhafte, nachhaltige Erlebnisfelder, die uns bestimmte Effekte unseres Erfahrungskosmos epigenetische weitervererben lassen. Traumata werden über mehrere Generationen weitergereicht (z.B. viele der Kriegs- und Nachkriegskinder wissen das bzw. leiden darunter). Und deshalb sage ich auch immer, dass uns Frauen hier in Mitteleuropa noch immer die Hexenverfolgung und -vernichtung in den Knochen (Zellen) steckt. Vielleicht mehr noch als die diversen Kriege. Der sogenannte Hexenwahn zog sich schließlich über fünfhundert Jahre hin. Durchaus ein Zeitraum in dem sich der Schrecken, die Furcht vor Folter und Tod sowie das Misstrauen dem eigenen Geschlecht gegenüber, im Gefühlsmuster von Frauen erfolgreich über Generationen hinweg festgesetzt haben kann. Da ist rationales Denken manchmal machtlos wenn uns diese Gräuel wieder bewusst werden, die unterschwellig noch immer wirken.

In meiner Fernsehzeitung fand ich einmal einen kleinen Artikel, der die Frage in den Raum stellt: Kann der Bauch wirklich fühlen? Und da hieß es u.a.: „... Er kann es tatsächlich, haben Mediziner herausgefunden. Denn im Bauchraum befindet sich ein feines Geflecht aus über 100 Millionen Nervenzellen: nach dem Gehirn und dem Rückenmark die drittgrößte Neuronen - Anhäufung im Körper. Nicht umsonst sprechen Neurologen auch vom Bauchgehirn. Es ist mit dem Gehirn eng verbunden, aber es agiert auch eigenständig. Es denkt. Es fühlt. …“

Handeln aus dem Bauch heraus, ist inzwischen nicht mehr ganz so verpönt, wie zu meinen jungen Tagen. Doch steht die logisch unbegründete Intuition immer noch unter Generalverdacht einfach nur Spinnerei zu sein (und damit liegen diese Kritiker gar nicht mal so falsch, denn 'das Spinnen' ist imho komplexes Denken). Intuitives Handeln ist eigentlich sehr vernünftiges Handeln, es ist die gesamtkörperliche Reaktion auf eine bestehende oder akut auftretende Situation. Auf Grund unserer lebenslangen Erfahrungswerte und -muster errechnet unser Hirn und wer weiß was noch, blitzschnell Zukunftsvarianten und unser Gefühl (und damit die Vernunft) wählt für uns das Beste aus (was sich manchmal erst im Nachhinein herausstellt), denn das was unser Gefühl verantworten kann, ist erst einmal das Beste.

Ich habe immer wieder festgestellt, wenn es mir gut geht und ich über selbstverständliche Einflussnahme auf mein Leben verfüge, wenn ich sozusagen in meiner Mitte bin, findet ein sanfter dauerhafter Austausch zwischen meiner Denkleistung und der stets präsenten Intuition statt, der mir (und damit anderen) überaus gut tut. Ich kenne aber auch genügend, besonders in der Vergangenheit liegende Situationen da ich durch die äußeren Umstände eine ständige Alarmbereitschaft verspürte. Der Stress, dem ich ausgesetzt war, hat ständig alle Nerven klingeln lassen. Es kam zu Phasen einer Dauerpanik oder hilflosem 'nicht wissen, wo zuerst anfangen'. Meine Intuition kam gar nicht zu Wort. Mein Denken war streckenweise wie paralysiert. Entsprechend fielen einige meiner Entscheidungen aus.

Heute lasse ich mich nicht mehr hetzen. 'Ich denk drüber nach!' ist dann der Puffer zwischen einer Forderung und meiner Antwort. Und somit verschaffe ich meiner Intuition die Zeit sich zu entfalten. Eigentlich finde ich es ja doof, dass ich manchmal wesentliche Kenntnisse aus bunten Zeitschriften erfahre! Aber vielleicht ist es ja egal von wo uns die Informationen zufließen, die das Info-Puzzle vervollständigen - ob aus Gesprächen mit klugen Leuten, aus schwergewichtigen Sachbüchern, der Fernsehzeitung oder aus unseren Träumen! Sogar Facebook bzw. das Netz als solches, ist für Informationen der unerschöpfliche Umschlagplatz. Es gilt nur die richtigen Schlüsse zu ziehen und dafür wiederum ist das weibliches Denken hervorragend geeignet.

Stephanie Ursula Gogolin


Ausschnitte aus meinem Essay: Gibt es ein Weibliches Denken...

20 September 2015

Rationalität versus Spiritualität und Fantasie

Liebe Freundin, in deiner Arrgumentation sind wir an dem beliebten Punkt angekommen die Spiritualität fein säuberlich vom rationalen Denken und Handeln zu trennen. Dem Spirituellen wird das Esoteriklabel aufgeklebt und diese Begrifflichkeit ins Irrationale verschoben. Ich frage jedoch zurück: ist Rationalität und Spiritualität tatsächlich ein Widerspruch? 

Beides sind imho Leistungen unseres Gehirns und unseres fühlenden Gesamtkörpers. Und auch wenn angenommen wird, die Rationalität, der denkerische Akt, ist kein Gegensatz zur "gefühlten" Spiritualität, wird doch meist einem von beiden eine höhere und damit bessere Qualtität zugewiesen. Je nach kultureller Ausrichtung und persönlicher Vorbildung. Dazu kommt, dass Spiritualität immer noch wie ein von außen kommender Zustand behandelt wird, etwas das außerhalb unseres Selbst vorhanden ist und das wir ablehen oder annehmen können. Das ist aus meiner Sicht eine Fehlinterpretation (der Begrifflichkeiten) oder zumindest ein ungenauer Ansatz.

Spiritualität ist imho die, einem jedem Menschen innewohnende Geistigkeit und somit in spezieller eigener Form in jedem Individuum vorhanden und verfügbar. Nur wird sie scheinbar nicht von jedem als solche identifiziert bzw. genutzt oder findet eine andere Bezeichnung.

Die modernen Formen der Erziehung und Konditionierung unterbrechen gern die Verknüpfung zum freien spirituellen Ausdruck der Menschen und die fühlende Verbindung zu allen „beseelten“ Wesen und Arten um uns herum. Statt dessen wird (im patriarchalen Kontext) unsere stets auf Empfang stehende Geistigkeit auf Ideologien oder die Wertekataloge erfundener Gottes-Einheiten gelenkt. Wenn also jemand glaubt, nicht "spirituell" zu sein, dann hat das vielleicht etwas damit zu tun, dass 'er' oder 'sie' bei sich selbst nicht wirklich angeschlossen ist, diese Art der individuellen geistigen Dimension verdrängt hat oder von Kindheit an so manipuliert wurde, dass statt den eigenen spirituellen Kosmos zu ergründen, darauf trainiert wurde andere Konzepte nachzubeten.

Die eigene Spiritualität nicht wahrnehmen, heißt auch sich der eigen Intuition zu verweigern oder (durch Konditionierung) nicht dazu der Lage zu sein zu spüren, was das geistige Innere ausmacht.


Es kann hilfreich sein über Spiritualität im allgemeinen nachzudenken, wir sollten aber davon ausgehen, dass sie die eigenkörperliche Variante ist, die unser immanentes Fühlen mit unserer Geistestätigkeit und unsere, sowohl spontanen wie auch willentlichen, Handlungen verknüpft. Wobei es ja heißt, so etwas wie den freien Willen gibt es nicht, da auf Grund unserer persönlichen komplexen Erfahrungslage die Entscheidungen in unserem Gefühlskomplex oder -zentrum bereits gefallen sind. Das sogenannte rationale Denken ist nur so etwas wie die Endausgabe in die bewusste Interaktion mit dem vorhandenen Nähefeld (Anwesenheit anderer Menschen und das sonstige lebendige Umfeld). 

Die uns eigene Spiritualität, also unsere persönliche innere Geistigkeit, ist das Koordinatensystem bzw. Erklärungsmodell der Weltwahrnehmung deren Mittelpunkt wir selbst sind. Das Gespür mit dem wir uns mit den lebendigen Wesen um uns vernetzen. 

Leider haben viele der uns umgebenden Phänomene (natürlicher onder kultureller Art) inzwischen einen Bezeichnungskatalog, der (uns) mehr verwirrt als hilfreich ist. Wenn wir bestimmte Verbindungen und Vernetzungen (manchmal nur diffus) wahrnehmen, gibt es heute keine Bezeichnungen dafür (oder darf es nicht geben), es sei die Naturwissenschaft kann endlich durch Messung und andere "Abhörtechniken" beweisen, dass zum Beispiel Bäume oder andere Pflanzenkomplexe lebendige (gut wussten wir schon), fühlende (ahnten wir bereits) und denkende (ach wirklich!) Wesen sind. Das sich nach außen bemerkbar machende Innenleben der Pflanzen (und Tiere) und unsere Beziehung dazu, nannte man bisher vielleicht Devas, Naturgeister oder Anderswelt. Diese rein geistige Vernetzung der Interaktion mit unserer Umwelt ist eine sprituelle Leistung, ein Ausdruck unserer Spiritualität.

Die/der Mensch verarbeitete alle Signale im Außen mit all ihren Sinnen und zwar in den Programmen: 'Intuition', 'Spiritualität', 'Fantasie' und einigen mehr. Es sind alles Überlebensprogramme, die evolutionierten Ausdrucksmöglichkeiten unseres Körpers, auch um das was in unserem ureigensten Innenleben abläuft, nach außen hin sichtbar werden zu lassen.

Oft wird Spiritualität und Religiosität in einen Topf geworfen und ich sage, sie sind überhaupt nicht identisch. In der Religiosität folgt man (von anderen) vorgedachten Entwürfen oder Ideologien und gebraucht die eigene Spiritualität um diese angebotenen Formen zu adapzieren und mit Leben zu erfüllen. Die christliche Nonne ist hier ein Beispiel dafür, wie sehr das eigne spirituelles Sein einer Frau in enge religiöse (und patriarchale) Vorgaben eingeschlossen sein kann - Nonnen dienen einem männlichen Vatergott und tun z.B. "Gutes" für die Armen; sie lindern Mangelerscheinungen und Grausamkeiten dieser Welt, die erst durch die Erschaffer der Vatergottheiten initiiert wurden und damit eben diese körperliche und geistige Armut über den Großteil der Menschheit  brachten. Hildegard von Bingen ist eine der (wenigen überlieferten) Frauen, die es geschafft haben ihr spirituelles Sein durch den Wust der Einschränkungen einer monotheistischen Religion noch hindurch schimmern zu lassen.

Liebe Freundin, du bist auf jeden Fall ein spiritueller Mensch, aber nicht weil du dir das "erarbeitest" hast, sondern weil du es schon immer warst. Das spirituelle Sein gehört zu deiner menschlichen Grundausstattung. Leider wird unser geistiger (erworbener) Reichtum und unsere ererbten (instiktiven, also 'gnetisch' angelegten) Fähigkeiten im Zuge der gesellschaftlichen Verformung (elterliche und allgemeine kollektive Erziehung, Schule, Mainstream), meist erst einmal zurück gedrängt, überschrieben und verschüttet. Wenn wir uns später frei machen von dem Druck der Verbildung, des Verbiegens und verschiedentlicher Verführung, legen wir automatisch, wenn es gut läuft, das Verschüttete wieder frei (manchmal mühsam). Es ist erstaunlich was da zu Tage treten kann und wie wir uns dann vielleicht wieder an die weite freie Welt unserer Kindheit anschließen.

Eine enge Verbündete unserer Spiritualität ist unsere Fantasie (vielleicht sind sie sogar identisch). Das bewusste, das verbindliche Tun, dass besonders uns Müttern zu eigen ist, ist eigentlich immer durch unsere Spiritualität (unsere innere Geistigkeit) unterlegt. Mütter handeln intuitiv und sie handeln dabei bewusst. Je mehr wir dem (intuitiven) Bewusstsein Raum geben, desto mehr kommen wir in unserer Mitte - in die symbolische Mitte unseres weiblichen Seins (Der Mann ist immer gern mitgemeint). 

Fantasie ist dabei ein (das) Werkzeug der Gestaltung und von unserer Mitte aus erreichen wir all die anderen „Fantasiebesitzer“, die uns umgeben. Fantasie ist die vorhandene Fähigkeit zur Abstraktion, das kreative Potential des Menschen, das Fühlen und Denken in Bildern. Bezogen auf unsere sprachliche und logische Leistung, auch Ideen genannt. Es ist unsere angeborene Vorstellungskraft, die innere Bilder, also eine, unsere eigene, 'Innenwelt' erzeugt... (siehe dazu auch Wikipedia u.a. Quellen).

Die Vorstellungskraft der jeweiligen Fantasie bezieht ihre Bausteine demnach aus den vorhandenen Erfahrungs- und Lernwerte, das heißt sie öffnet die „Schublädchen“ der Synapsen oder anders, sie greift auf die synaptische Effizienz der neuronalen Netze zu und somit auf unsere Gedächtnisinhalte, die aus einer schier unglaublichen unterschiedlichen Vielfalt bestehen und die niemals das Gleiche beinhalten können, wie die der anderen, neben uns lebenden Menschen. Vor allem die unbewusst gespeicherten Daten führen zu den erstaunlichsten Effekten und hier sind wir schon in der Dimension, die auch als Magie bekannt ist. Jedenfalls ist unser innerer Erfahrungs- und demnach individueller Wissen-Reichtum um ein vielfaches größer, als uns durchschnittliche Schulweisheit einreden will.

Und das ist das Fantastische an der Fantasie - aus all dem können wir unwillkürlich aber auch bewusst immer wieder neue Bilder und Ideen kreieren. Visionen kommen eher aus dem Unbewussten. Aber unsere persönliche Vorstellungskraft ist die eine Sache und das verantwortungsvolle Umsetzen und Handeln, die andere!

Somit ist Fantasie keine geheimnisvolle absolute Größe. Die Ausformung der eigenen Fantasie entsteht im Menschen im Laufe seiner persönlichen Entwicklung... sie ist die, einem jedem Menschen eigene, geistige Parallelwelt, in der sie/er sich nach Belieben aufhalten kann. So oder so, wir haben diesen geistigen, abstrakten Kosmos in uns, um zu überleben. Der Mensch ist vom ersten Moment der Zellteilung an ein absolut einmaliges (Menschen)Wesen, das einen Selbstwert besitzt. Da muss auch nichts oder wer, kommen und ihm seinen Selbstwert verleihen. Das Individuum Mensch ist in der Lage in seinem Geist ganze Welten zu erschaffen, ohne dass ein anderer davon etwas mitbekommt - das ist die konkrete Form der Anwendung der Fantasie. Denn wie gesagt, die Fantasie ist ebenfalls eine (körpereigenes) Instrument, die ureigene innere (virtuelle) Mal- und Gestaltungsfläche.
Wir besitzen also eine angeborene Vorstellungskraft und die Imaginationsmöglichkeit innere Bilder zu erzeugen, deren Umsetzung nach außen ein Jedes nach seinen Fähigkeiten und Begabungen Ausdruck verleiht - durch Sprechen, Tanzen, Singen, Malen, Musizieren, Erzählen, Kochen, Schreiben, Bauen, Natur- und Werkstoffen gestalten oder anderen Handlungen. All diese Strategien der Lebensbewältigung im zugewandten (Fürsorge)Gruppenalltag kannten und konnten wir schon an den Feuern der Steinzeit oder mehr oder weniger schon lange vorher.

Ein Kind (bzw. jedes Lebewesen) nimmt vom ersten Moment des Daseins alle es umgebende Eindrücke auf – die Signale unserer komplexen natürlichen Welt, in die es hineingeboren wird – es ist alles schon da - wir lernen mit jedem Tag mehr damit umzugehen (weißt vielleicht noch eine, welche inneren Bilder die eigene Vorstellungskraft uns als Dreijährige bescherte?). Was wir im Laufe der Zeit (an Eindrücken) sammelten, kommt zu dem in unserem Gehirn und in jeder Zelle unseres Körpers angelegten Fundus, unserer persönlichen „Erbmasse“, hinzu. Und wir fangen seit dem Mutterleib an auf unser üppig angelegtes Menschenpotential zuzugreifen. Eine unserer Befähigungen mit der Welt in Kontakt zu treten und in ihr mit all den anderen Menschen zurecht zu kommen, ist eben die Fantasie und/oder unsere Spiritualität. Sie sind unser Experimentierfeld, Rückzugsraum und unsere Probebühne. Die hier entstandenen Konzepte tragen wir in unserem Handeln und Verhalten nach außen.

Fantasie sowie Spiritualität findet im eigenen Kopf (Bilder) bzw. Körper (dazu gehörende Gefühle) statt und ist erst einmal keiner Beurteilung unterworfen, außer der eigenen. Zu meiner inneren Welt hat niemand sonst Zutritt. Erst wenn ich versuche mit meinen, mir eigenen Mitteln meinen Fantasien Gestalt zu geben, können andere diese wahrnehmen und von ihnen entzückt sein oder sich abwenden. Heute verfügen wir Frauen  über viele Freiräume uns angemessen und gemeinschaftsoerientiert auszudrücken (bezogen auf unsere gesellschaftskulturelle Ortung), was in der langen Zeit des Patriarchats nicht immer so war und noch ist. Das Wichtigste für jedes Kind, das anfängt sich seine Welt zu erober,  ist ihm Zeit und Raum zur Verfügung zu stellen und die Möglichkeiten zu bieten die inneren Bildern der Fantasie den passenden gestalterischen Ausdruck zu verleihen.

Außerdem - die Kraft der Fantasie muss nicht per se gut und schön sein. Nicht umsonst gibt es Worte wie „Gewaltfantasien“ oder „fantasielos“. Unser eigener innerer Wertekompass, die Fähigkeit sich mit 'richtig' und 'falsch' auseinander zu setzen sowie unser empathisches Empfinden, nordet die Ausdrucksformen unserer Fantasie und unserer Spiritualität ein. 

Die Fantasie ist stete sich ergebende Hochrechnung und Neukombination aller gesammelten Erfahrungswerte. Sie ist die innere Bühne auf der unser eigenes Stück läuft und wir wenden die Elemente der erlebten, eignen Erfahrungen und unserer Grundausstattung an. Eine meiner Theorien dazu ist auch, unsere (positiv performten) Fantasien erhalten uns "gesund" und am Leben, wenn die Alltagsumstände ein glückliches oder zufriedenes Leben vielleicht gerade verhindern. Als Lebewesen steuern wir immer Wohlbefinden an und dazu wird alles aufgewendet was uns zur Verfügung steht, es ist ein evolutionärer Effekt des Selbsterhalt. Alles was wir als Menschen können, uns als Spezies angeeignet haben, entspringt und fließt in die Kombination Arterhalt durch Selbsterhalt. Und das was wir rationales Denken nennen, ist eine Kombination aus all unseren inneren geistigen Möglichkeiten wie die Kraft der Spirtualtät oder eben auch die Fantasie...

Stephanie Ursula Gogolin
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15 September 2015

Artgerechte Geborgenheit oder Stockholmsyndrom

Kinder sind kein Partnerersatz (eine Wiederholung vom September 2013)

... schon gefühlte tausendmal stolperte ich über den Satz: „Kinder sind kein Partnerersatz..." So auch heute wieder und hier der (etwas überarbeite) Kommentar, den ich zu dem Thema hinterlassen habe:Ja, das stimmt! Kinder sind kein Partnerersatz.

Unsere Kinder sind die, uns am meisten verbundenen Angehörigen. Auch noch und natürlicher weise, wenn sie dem Kindesalter entwachsen sind. Diese Verbundenheit wird in unserer (westlichen) Kultur des 'separierten erwachsenen Menschen' als irrelevant erklärt. Wir wissen: das (menschen)artgerechte Sein einer durch Geburt verwandten Angehörigenbindung ist die eigentliche Basis des menschlichen Zusammenlebens.

Die Idee, dass manche Menschen ihre Kinder als Partnerersatz "missbrauchen", ist daher eine komplette Umkehrung der naturgemäßen Wertigkeit.

Im Gegensatz zum Kind ist der sogenannte Partner, dem tradierend die ganze Liebe gelten soll, nur ein Surrogat - die Ersatzperson für den im Patriarchat verlorengegangenen natürlichen Lebenskreis. Unsere Kinder sind die Menschen die naturgemäß zu uns gehören - sie sind unsere unmittelbarsten Bindungsangehörigen.

Eigentlich schlimm genug, dass wir sie durch fremde (nicht verwandte) "Partner" ersetzen sollen. Und bevor hier eine Schutzzone um die 'Familie' gezogen oder der beliebte Satz zitiert
wird, dass man sich Familie bekanntlich nicht aussuchen kann, sollten wir einfach nur das künstliche, patriarchöse Familienkonzept mit dem natürlichen matrifokalem Sein vergleichen, um zu verstehen, dass unsere Kinder in letzteres gehören.

Schon sehr früh beginnt in unserer tradierten Kultur das Einschwören auf den noch unbekannten zukünftigen Partner, mit dem frau/mann möglichst den Rest des Lebens verbringen wird. Die Konditionierung zu autarken und bindungslosen, aber dafür beziehungssüchtigen Erwachsenen, erfolgt bereits ab der frühesten Kindheit. Um das zu erreichen wird natürliches Bindungsverhalten (im Besonderen die Mutter-Kind-Bindung) so früh wie möglich diskriminiert bzw. unterdrückt und der Augenmerk auf beliebige andere Beziehungskonstellationen gelenkt.

So gehört es zur Standard-Denke, dass ein Kind durch beliebige Bezugspersonen ebenso versorgt werden kann und es daher nicht zwangsläufig der Mutter und einer Angehörigensippe bedarf, als Kind eine geborgene Entwicklung in einer mütterlichen Nähegemeinschaft zu erleben. 

Die Fixierung erfolgt im Kindesalter in der Kleinfamilie erst auf das Elternpaar - Vater und Mutter - und später tritt als Ideal der sogenannte Partner auf und besetzt die freigehaltene Stelle als (einzige) Bezugsperson.Wir leben daher in einem permanenten Mangel an Bindung, Zuwendung und Zugehörigkeit. Der heutige, vereinzelte, Erwachsene ist imho niemals in der Lage, dass er bzw. sie dem irrwitzigen Anspruch unserer heutigen Gesellschaftskultur einem Partner alle Komponenten einer Fürsorgegemeinschaft zu ersetzen. Wir und hier vor allem die Frau, sollen eigentlich allein (bzw. in wechselnden Beziehungen) leben und aus eigner Kraft immer noch einen Partner und eventuelle Kinder mitversorgen.

Die ursprüngliche Fürsorgegemeinschaft, das Matrifokal bzw. die matrifokale Sippe wurde im Patriarchat ins Reich der Mythen verwiesen bzw. wurde als nicht existent erklärt. Der natürliche Background einer Angehörigengemeinschaft ist in unserer Realität nicht mehr existent und so wird erwartet, dass Mütter im Patriarchat ihre Kinder kaum noch oder nur teilweise selbst aufziehen. Es wird ihnen, sowohl den Müttern als auch den Kindern, nicht nur die letzte Bindungsperson wo immer es geht entzogen, sie lernen auch noch Geborgenheit als Verhinderung des autarken Lebensweges einzustufen. Der permanente Mangel an Zuwendung steht als Selbstverständnis einem zukünftgen Ausgleich durch einen (noch unbekannten) Lebenspartner gegenüber, auf den die eigene Bedürftigkeit projiziert wird.

Noch ist es vermehrt so, dass es die vorhandene Bindung zum Kind sukzessive zu lösen gilt und dem Kinde so früh wie möglich "Flügel" gegeben werden, manchmal noch bevor sie "Wurzeln" bekamen. Frau wird durch die anonyme, konventionelle Gesellschaft dazu genötigt und lässt in vorauseilendem Gehorsam freiwillig erziehen und ausbilden - hier greift das staatliche Bildungssystem (Schulpflicht), der wirtschaftliche Druck der Erwerbstätigkeit und die Ideologischen Dogmen der Mainstreammedien.

Das patriarchal geprägte Familiensystem ist von seinem Ursprung her der Abklatsch eines jeden Herrschaftssystem im Patriarchat. In diesem herrscht(e) als Prinzip eine Atmosphäre, die vergleichbar ist mit einer Geiselnahme und daher auch immer wieder die Symptome eines Stockholmsyndrom bei den Betroffenen hervorbringt. Ein permanenter Nährboden für Gewalt, Übergriffigkeit und Missbrauch aller Art. Überall da, wo vereinzelte Erwachsene mit einer gewissen Macht ausgestattet sind und in einem unnatürlichen, sozial quasi nicht korrigierenden Raum agieren, findet grundsätzlich eine Art systemimmanenter Missbrauch statt.

Den heutigen Erwachsenen und hier besonders den männlichen, umgibt nicht mehr das selbstverständliche Korrektiv einer (anwesenden) konsanguinen* Angehörigengruppe.
Der moderne Mensch wendet sich schon während des Heranwachsens in vielen kleinen Brüchen von dem naturgemäßen Lebenskreis (seiner Herkunftssippen, die nun mehr nur fiktiv vorhanden ist) ab - d.h. es/sie/er wird systematisch vom naturgemäßen Versorgungssystem kulturell „abgenabelt“.

Dabei wird so früh wie möglich eine distanzierte, für Menschen unnatürliche, Alltagssituation geschaffen, die als Sprungbrett in das sogenannte „eigene“ Leben dienen soll. Als vorgegebenes Ziel erlernen wir einen möglichst permanenten Zustand der romantischen Liebe anzustreben und auf sexuellem Begehren aufgebaute Beziehungsgebilde (auf Lebenszeit) mit einem bis dato unbekannten Menschen einzugehen. Das Erfüllen der patriarchös geformten kulturellen Maßvorgaben ist für den einzelnen fühlenden Menschen zu einem permanenten Mangelzustand an Schutzwärme, Geborgenheit und energetischem Austausch geworden. Nachhaltige Sentimente, Zuwendung, Aufmerksamkeit und vor allem generationsübergreifende Fürsorge ist in unserer, auf den Erwachsenen mittleren Alters ausgerichteten Welt, alles andere als selbstverständlich vorhanden. Wir klagen über das Vorhandensein von ständigem Menschenmissbrauch und dabei wird übersehen, dass mit der Hörigkeit dem patriarchalen System gegenüber täglich aufs Neue, die dazugehörigen Voraussetzungen geschaffen werden.

Der (fremde = nichtverwandte) Partner in einer Zweierbeziehung ist in jedem Fall der Ersatz für die verpönte Kindes- und Angehörigenbindung und 'das Kind' ist gerade nur noch als Synonym für die konsanguine Angehörigensippe gestattet. Hier wird auch deutlich, dass der gern gebrauchte Ausspruch, dass ein Kind seinen Vater braucht, im Grunde auch nur die Verkehrung der eigentlichen Tatsache ist, denn 'Der Vater braucht das Kind!'.


(* konsanguin bedeutet: durch Geburt verwandt in mütterlicher Linie

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