24 Mai 2019

Trennung - eine neue Spielart der Patriarchose...

aus der Reihe vom Kommentar zum Post...

"Eine Welt zerbricht – Wenn Eltern sich trennen" … diese Aussage ist, wenn wir sie unaufgeregt betrachten, erst einmal sachlich richtig.
Das Kind erlebte bisher ein Näheverhältnis mit bestimmten Abläufen und Regeln, einen Tagesablauf, der es mit mehr oder weniger geborgenen Gefühlen begleitete und einer für seine Entwicklung benötigten Sicherheit. Bei einer Trennung der Eltern, egal wie dramatisch oder scheinbar unspektakulär diese abläuft, zerbricht diese kleine Lebenswelt. Sie löst sich, manchmal von einem Tag auf den anderen auf und zwingt das Kind in eine Veränderung. Das Kind muss, ob es will oder nicht, eine Anpassungsleistung erbringen, die erst einmal Schmerz, Verunsicherung und Verlust beinhaltet und zwar ohne Garantie ob es jemals wieder gut wird. Jeder Mensch muss irgendwann einmal Verluste hinnehmen und in sozial gut sortierten bzw. gewachsenen Kulturen gibt es dafür kollektive Rituale oder andere Möglichkeiten der Kompensation.
Unsere noch nicht einmal einhundert Jahre alte Trennungskultur der Moderne ist in der Regel für die Beteiligten eher ein Desaster und dann eine Chance und später vielleicht ein Gewinn. Unsere (patriarchal tradierte) Gesellschaft setzt auf Kleinfamilie, serielle Pärchenbildung und nimmt das damit einhergehende Beziehungsauf-und-ab als gegeben, sogar als notwendig hin. Ja schlimmer noch, alle versuchen das Beste daraus zu machen. Dabei wird die Patchworklandschaft aus zerbrochenen Beziehungen immer unübersichtlicher, die Alleinsorgenden Mütter immer unterversorgter und die im Wechselmodell gestrandeten Kinder immer mehr.
Es ist relativ neu, dass die Elternschaft als untrennbares Gebilde beschworen wird, wie es
neuerdings gefordert und praktiziert wird. Dabei werden der Mutter der Kinder immer mehr die Möglichkeiten genommen, ihre Bindungskompetenz wahrzunehmen. Dem väterlichen Part wird jedoch seltsamerweise mehr Rechte als Verpflichtungen eingeräumt. Könnte sein, um das verlorene (patriarchale) Besitzrecht am Kind zu kompensieren.
Das Paar trennt sich, aber "Sie bleiben Eltern" - ist nur formal eine richtige Aussage, denn während die Eltern bisher nur als Paar-Einheit gedacht wurden, sind sie jetzt auf der Paarebene nicht mehr einander zugehörig, manchmal sogar verfeindet. Und während nun ein jedes Elternteil im persönlichen Alltag (und in der eigenen Psyche) eine Art ständige diplomatische Vertretung einrichten soll, die wenigsten für Neutralität oder gar abrufbares Wohlwollen sorgt, auch bei grobem Fehlverhalten eines Parts, wird eine enorme humane Leistung von den beteiligten Erwachsenen erwartet, für die es bisher kaum Vorbilder gibt. Als Paar können die Beteiligten in serieller Monogamie kommen und gehen wie es sich aus ihren Gefühlslagen ergibt, als gemeinsame Eltern eines Kindes verlangt unsere moderne Kultur ein hohes Maß an Selbstlosigkeit und gegenseitiger Abstimmung zum Wohl des Kindes über Jahre hinaus. Diese konkrete sowie gedankliche und gefühlsmäßige Zwangsgemeinschaft der (Kleinfamilien)Elternschaft ist ein absolut neuer Hochpunkt der Patriarchose. Hier kollidiert eindeutig die auf das Kind bezogene und damit unauflösliche Elternverkettung mit unserem (modernen) Selbstbestimmungsrecht
aller betroffenen Personen.
Während inzwischen jede Ehe geschieden werden kann, ist die Elternschaft, der biologisch determinierte Bund von Mutter und Vater, in unserem modernen Verständnis der Unauflöslichkeit unterworfen und von Gesetz wegen wird neuerdings auf 50/50 % Beteiligung an der Versorgung (Unterhaltsbeteiligung) und Partizipation (Liebhaben) am Kind bestanden. Es ist so abstrus wie es sich anhört.
Klar können wir sagen: c'est la vie! So ist das Leben und Trennungen kommen vor. Sind wir doch alle einer gesellschaftlichen Grundkonditionierung unterworfen, die eine stete alltagssoziale Veränderung als selbstverständlich voraussetzt, egal ob eine tatsächlich diese Erfahrungen damit machen möchte. Von frühesten Tagen an unterwerfen wir unsere Kinder einem gezielten Distanztraining (und haben es selbst erlitten).
Krippe, Kindergarten, Schulzeit usw. … man tackert den Kindern Flügel an, noch bevor es zu einer soliden Wurzelbildung kam. Vor diesem Hintergrund gehen wahrscheinlich zu viele davon aus, dass ein Kind in der Lage sein sollte eine elterliche Trennung, die es als Pingpongball zurücklässt, auch noch wegzustecken.
Vor ein paar Jahrzehnten setzte man quasi wenn der Tag gekommen war (der Zeitgeist gab das vor), das Kind im Kindergarten aus. Heute nehmen Eltern Jahresurlaub um ihre Kinder bei der Eingewöhnung in einer Kita zu begleiten. Fast sieht es aus, als hätten wir dazu gelernt. Bei einer Trennung der Eltern gibt es in der Regel keine Eingewöhnungszeit (wenn wir mal die Phasen der Streitereien, der Wortgefechte und Schreierei oder vielleicht sogar Handgreiflichkeiten ausklammern) und wahrscheinlich gibt es einen liebevoll begleiteten Übergang eher selten. Ein Grundszenario war beispielsweise einst: Der Vater verpisst sich, die Mutter bricht zusammen, das Kind versteht die Welt nicht mehr. Aber inzwischen bildete sich parallel zu dieser Variante allgemein eine mehr und mehr zivilisierte Trennungskultur. Man geht einvernehmlich auseinander, spricht sich ab, regelt den Aufenthalt der Kinder und lässt sich als getrenntes Paar seine Freiräume und ... stellt diese hint an, wenn es um das unauflösliche Elternsein geht.
Allerdings steigen nach einer Trennung die neuen Singles irgendwann wieder in das Karussell der erneuten Partnersuche und für die Kinder steht die nächste dramatische Veränderung an. Letztlich sind die Kinder immer die Betroffenen und oft genug die Leidtragenden des bestehenden klassischen Familien- und Paarkonzepts mit eingebauter Trennungsoption, mit anderen Worten: in dieser prinzipiell unreifen, bindungsgestörten, beziehungsunfähigen Erwachsenenpatriarchose. Dass Mütter hier nochmal eine besondere Form der Betroffenheit erleiden - geschenkt.
Im Paar- und Familiendogma herrscht neben anderen Implementationen, die uns schon gar nicht mehr auffallen, ein essentieller Nähemangel, der immer nur mit einer weiteren fremden (nichtverwandten) Person aufgefangen werden soll. Die Mütter, die das alles grad nicht mehr wollen und statt dessen mit ihren Kinder dem Wohlgefühl auf der Spur sein möchten selbstbestimmt, friedfertig und zugewandt ihren (menschenartgemäßen) Alltag zu leben, werden durch gesellschaftskonforme Umstände, bestimmte Gesetzeslagen und dem uninformierten und uniformierten Mainstream massiv behindert. Pech gehabt - wir leben im Patriarchat!
Unsere menschenartgerechte (matrifokale) Fürsorgegemeinschaft ist im patriarchal praktizierten Alltag der modernen, westlichen Kultur nur noch eine ferne Ahnung. Eine Sehnsucht, die wir mit uns tragen und die manche Trennung begleitet bzw. auslöst.
Und wenn wir uns schon trennen, dann bitte auch gleich von den Narrativen:
Familie, romantische Paarliebe auf Lebenszeit und dem beschwörendem Dogma 'Das Kind braucht einen Vater' ... stimmt sowieso alles nicht!


Der Vater braucht das Kind!

Kinder sind kein Partnerersatz!

Das in die Pflicht genommene Elternpaar!


Das geteilte Sorgerecht als immer währende Mütterfalle

Wechselmodell - ein "Kind" des Patriarchats

und als Nachsatz ein Zitat aus dem Artikel "Und dran bist du":
"Viele Partnerschaften zerbrechen nach der kritischen Kindererziehungsphase. Das Wechselmodell löst diesen Zustand kollektiv zugunsten der Männer auf, die ihre Ex-Frauen erfolgreich reproduktiv ausgebeutet haben. Zudem kann der Staat weitere Einsparungen vornehmen, wenn er nicht mehr für Unterhaltsausfälle einspringen muss. Wer hier von „Gleichberechtigung“ redet, geht der neoliberalen Ideologie auf den Leim – total flexibilisierte Kinder inklusive. Die weitgehende Teilnahmslosigkeit vieler postmoderner Feministinnen diesbezüglich spricht Bände. Ein Feminismus, der materialistisch sein will – und den wollen derzeit viele –, muss das Patriarchat im Kern als Ausbeutungsverhältnis begreifen." (Hervorhebungen von mir)



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