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ohne Frage ein fantastischer
Film, eine offensichtlich computertechnische Meisterleistung und selbst auf dem
Bildschirm eines mittelgroßen Fernsehers noch beeindruckend. Der
Entwurf der natürlichen Umwelt auf Pandora ist wild und mysteriös, ein urtümlicher Wald in zarte Farben mit vielen sanften Blautönen und Rosa und trotzdem Dschungelgrün. Aber wer, um Pandoras Willen, hat nur
diese zum Erbrechen bekannten Darstellungen des sozialen und
gesellschaftlichen Filmmilieu kreiert?
Die erste Begegnung des
Protagonisten (ein desillusionierter Held mit einer an
Kadavergehorsam grenzenden Machobildung und einem sanftmütigen
humanen Kern) mit einer einheimischen Jägerin, verläuft wie schon
hundertmal variiert. Als er sie fragt, wer sie ist, habe ich als
Antwort eigentlich „Pocahontas“ erwartet.
Überhaupt geben sich die Na’vi alle wie
übergroße blaue Indianer. Und zwar solche, wie wir sie von Karl May
Verfilmungen her kennen, die aufgepeppt wurden durch Flugkünste aus Dinotopia
und trillernden Tarzanschreie. Im Prinzip ist auf Pandora fast alles
so, wie auf der guten alten, patriarchalen Hollywood – Erde.
Die Tochter der Na’vi, ein
menschenähnliches, indigenes Volk auf Pandora, hat einen Vater, der
so was wie ein Kriegerhäuptling ist, während ihre Mutter als die
spirituelle Führerin des Clan auftritt. Sie scheint auch als einzige
den Grips zu besitzen, sich der Unterstützung des Fremden zu
versichern in dem Kampf, der nicht mehr zu vermeiden ist. Wenn
das Volk nicht untergehen will, sollte man seinen Feind, dessen
Waffen und Taktik kennen. Schließlich hat dieses eingeborenen Volk der
zerstörerischen Technologie der Fremdlinge von der Erde scheinbar
nichts entgegenzusetzen. Sie brauchen den militärisch ausgebildeten
Strategen, der weiß wie Feuer mit Feuer zu bekämpfen ist. Was dann
auch letztendlich zu einem fragwürdigen Sieg führt.
Doch trotz des Sieges stelle ich mir vor, dass die Welt der Na’vi unwiederbringlich mit dem patriarchalen Gift der
Gewalt und der Intrige, der dahintersteckenden
Gier und Empathielosigkeit kontaminiert wurde. Was mag wohl
der Baum der Seelen für die Nachkommen der Na’vi bewahren, nach diesem böswilligen Eingriff in ihre Welt?
Dass es
Wesen gibt, deren Denkungsart und Handeln sich über alles
hinwegsetzt und der Kampf gegen diese gefühllosen Mächte alle
Beteiligten in deren Sumpf mit hineinzieht?
Gezeigt wurde letztendlich das
unerträgliche Klischee eines Heldenepos und ich habe den Eindruck
der End - Kampf um das sogenannte Gute und die Gerechtigkeit wird
immer härter, immer gnadenloser, zieht sich immer länger hin. Es
ist alles erlaubt um die Gegner und zuletzt den gewissenlosen
Bösewicht zur Strecke zu bringen. Interessant war auch, dass die
Dramaturgie die beiden Erdenfrauen, die zu dem kleinen Trupp gehörten
der den Widerstand unterstützte, im Kampf umkommen lässt, während dem
Helden eine Transformation geschenkt wird, die ihn endgültig zu
einem Angehörigen der Na’vi macht.
Jedenfalls konnte ich den Film weder
genießen, noch haben mich die spektakulären Bilder ausgesöhnt. Die
Grundaussage war schrecklich bis deprimierend. Das patriarchale
Grundmuster wird kompromisslos überall hinein transportiert und eine
wirklich andere Welt, ohne eine Väterhierarchie und
pseudoschamanischen Schnickschnack können sich die maskulinen
Filmemacher einfach nicht vorstellen.
Von den höllischen
Gewaltexzessen, ohne die ein solcher Film heutzutage offensichtlich
nicht mehr auskommt, will ich gar nicht mehr sprechen, nur so viel
dass hier die beliebte Botschaft platziert wird: auch wenn wir alles
zerstören, was essentiell und wertvoll ist und die bestehende Welt zu
Grunde geht, es gibt immer irgendeinen Messias, der gerade soviel
korrigiert, das ein paar Überlebende weitermachen können wie bisher!
Ich denke, ich muss dringend
fasten: mindestens vier Wochen keine Blockbuster mehr!
2 Kommentare:
ohje
was hast du erwartet
es haben ja nicht wir den film gedreht
und wenn wir einen machen wird ihn keiner sehen wollen ausser uns
aber herzlichen dank für die gute zusammenfassung
ich dachte noch ich müsste ihn sehen
jetzt kann ich leichten herzens verzichten
allerliebste grüße
birgit
ganz recht liebe Birgit...
wir sollten uns bei den Filmemachern als Beraterin für futuristisch - gesellschaftliche und individuelle Beziehungsgestaltung vorstellen und ihren Horizont erweitern...
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